Zugriff auf das Corporate-Intranet

Das Handy: Mobiler Schlüssel zum Portal

11.05.2001
Portale halten in Unternehmen als Plattform für Informationen und Anwendungen Einzug. Doch noch haben sie ein großes Manko: Sie schließen den Außendienst vom Zugriff aus. Portalsysteme für den Mobilfunk sollen Abhilfe schaffen. Von Reinhold Stammeier und René Werner*

Viele Firmen haben in den vergangenen Jahren zur Verbesserung der Effizienz und Kommunikation Unternehmensportale für die eigenen Mitarbeiter errichtet. Die Beschränkung auf den überwiegend stationären Zugang schloss jedoch die Mitarbeiter im Außendienst weitgehend von deren Nutzung aus und reduzierte damit die Effizienz der Geschäftsprozesse. Mobile Firmenportale bieten jetzt die Möglichkeit, diese Potenziale zu erschließen.

Wesentliches Charakteristikum solcher mobilen Portale ist der draht- und "nahtlose" Zugriff auf die bereitgestellten Informationen und Anwendungen. Als Nutzer kommen insbesondere Personen in Frage, die häufig auf Achse sind, wie zum Beispiel Außendienstmitarbeiter in beratungsintensiven Wirtschaftszweigen wie der Finanz- und Versicherungsbranche oder Consulting-Unternehmen. Zur Zielgruppe gehören auch Angestellte aus den Bereichen Vertrieb und technischer Außendienst sowie Manager, die zur Erfüllung ihrer Firmenaufgaben mobil sein müssen und deren Zugriff auf einen stationären Arbeitsplatz deshalb ebenso eingeschränkt ist. Markterhebungen zeigen ein starkes Wachstum der genannten Nutzergruppen für mobile Unternehmensportale. Allein in Westeuropa sollen es 2004 bereits 15 Millionen Teilnehmer sein.

Das Effizienzpotenzial, das Unternehmen aus einem Mobile-Enterprise-Portal ziehen können, wird je mobilem Mitarbeiter auf mehr als 20 Prozent taxiert. Außerdem bieten solche Portale auch den heutigen Mobilfunkanbietern Vorteile. Zum einen wird über sie eine zusätzliche Auslastung des Übertragungsnetzes generiert, zum anderen bietet die Bereitstellung der technischen Infrastruktur zum Beispiel als Application-Service-Provider (ASP) den Mobilfunkunternehmen neue Möglichkeiten der Wertschöpfung. Darüber hinaus binden sie ihre für Umsatz und Gewinn wichtigste Kundengruppe, nämlich die Geschäftskunden beziehungsweise Firmen. Vor dem Hintergrund der erheblichen Investitionen in die UMTS-Lizenzen und dessen Netzausbau sowie des Zwangs, diese Kosten möglichst schnell zu amortisieren, sollten dies ausreichende Gründe für Mobilfunkanbieter sein, sich mit dem Mobile-Portal-Markt zu beschäftigen.

Um die potenzielle Nutzergruppe jedoch zu tatsächlichen Konsumenten mobiler Firmenportale zu machen, müssen zunächst Informationen und Anwendungen bereitgestellt werden - mit anderen Worten: Es muss ein "Angebot" vorliegen. Darüber hinaus muss der Nutzer die Möglichkeit des Zugangs zu einem Enterprise Portal bekommen.

Ohne ausreichende Bandbreite geht nichtsAls eine wesentliche Voraussetzung für die Bereitstellung von Informationen wird von Unternehmen immer wieder die verfügbare Bandbreite zur Übertragung der Informationen angeführt. Der Grund: Firmen sehen einen engen Zusammenhang mit der Nutzerakzeptanz, die in der Regel erst ab Transferraten von rund 50 Kbit/s für die Basisdienste eines mobilen Unternehmensportals erwartet wird. Im Klartext heißt das: Mobile Portale werden erst mit der Existenz umfassender Lösungen auf Basis der Datenprotokolle High Speed Curcuit Switched Data (HSCSD) beziehungsweise General Packet Radio Service (GPRS) in der Praxis Fuß fassen. Engpässe stellen hier derzeit noch der entsprechende Netzausbau durch die Mobilfunkbetreiber sowie die geringe Verfügbarkeit von Endgeräten für HSCSD beziehungsweise GPRS dar. Über die Basisdienste hinausgehende Funktionalität wie zum Beispiel Videokonferenzen sind erst mit dem Rollout von Netzen auf Grundlage des Standards Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) frühestens Ende 2002 zu erwarten.

Des Weiteren bestehen bei Unternehmen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der übertragenen Informationen wie zum Beispiel Adressverzeichnisse von Mitarbeitern oder Finanzdaten. Lückenlose Sicherheit ist zurzeit mit der Version 1.1 des Wireless Application Protocol (WAP) nur möglich, wenn das Unternehmen ein eigenes WAP-Gateway betreibt, das die Mitarbeiter über ihre Endgeräte direkt anwählen können. Diese Lösung würde eine entsprechende Konfiguration der Endgeräte zum Beispiel mit Einwahlnummer oder IP-Adresse auf dem Gateway erfordern. Ein solches Procedere wird als unpraktikabel angesehen. Die IT-Verantwortlichen wollen deshalb lieber das neue WAP-Release 1.2 abwarten.

Die Bereitstellung von Informationen und Anwendungen durch Unternehmen befindet sich gegenwärtig in einer ersten Phase, die vor allem durch das Pilotieren einiger weniger Applikationen wie zum Beispiel des Zugriffs auf Adressverzeichnisse gekennzeichnet ist. Die Planungen lassen aber deutlich drei voneinander abgegrenzte Wellen in der Bereitstellung erkennen (siehe Grafik "Installationsphasen").

Die erste Welle zielt im Wesentlichen auf breite Kernfunktionalität ab, welche die kommunikative und administrative Tätigkeiten der Mitarbeiter erleichtern soll. Der Zugriff auf die unternehmenskritischen Anwendungen wie Systeme für Enterprise Resource Planning (ERP) oder Customer-Relationship-Management (CRM) folgt im nächsten Schritt. In einer weiteren Release-Phase werden dann abschließend die Funktionen personalisiert sowie eine zusätzliche Automatisierung, wie zum Beispiel die Einsatzplanung von technischen Außendienstmitarbeitern, die auf der Personalisierung fußt, vorgenommen.

Die Darstellung macht noch ProblemeKritische Faktoren im Rahmen dieser Bereitstellungsphasen der Portalfunktionalität sind zum einen Device-Rendering, Datenkonsistenz, Sicherheit sowie Realtime-Applikationsanbindung und zum anderen das Remote-Application- und Device-Management. Unter Device-Rendering ist die endgerätespezifische Darstellung der Inhalte und Anwendungen zu verstehen, die zum Beispiel die Display-Größe der Endgerätes bestens ausnutzt. Die Vielfalt der Devices, die auf ein mobiles Unternehmensportal zugreifen, muss dabei über Stylesheets (XSLTs) unterstützt werden, die eine optimale Präsentation der Informationen sowohl auf einem PDA als auch auf einem Mobiltelefon über eine Geräteerkennung realisieren.

Die Konsistenz der Informationen ist angesichts des Zugriffs und der möglichen Eingabe von Daten in unternehmenskritische Anwendungen sowie beim Abruf von E-Mails essenziell. Sie muss unbedingt gewährleistet sein, damit die Nutzerakzeptanz gefördert und eine Störung der betrieblichen Abläufe vermieden werden können. Auch die Authentisierung und das Rechte-Management müssen gesichert sein, damit verhindert werden kann, dass Mitarbeiter unbefugt auf bestimmte Informationen zugreifen, und es möglich ist, dass berechtigte Nutzer tatsächlich an die gewünschten Informationen herankommen. Unter Remote-Application- und Device-Management versteht man die Verwaltung der auf dem Endgerät geladenen Anwendungen beziehungsweise Daten sowie das Konfigurations-Management zentral vom Unternehmen aus per Funk. Des Weiteren ist bei der Portallösung auf die Kompatibilität zur Realtime-Anbindung einer Vielzahl von Applikationen zu achten, die in der Regel über Adaptoren ermöglicht wird.

Für Middleware-Konzept spricht höhere FlexibilitätGrundsätzlich sind in der Ausrichtung der Anbieter zwei Tendenzen zu beobachten: zum einen der Versuch der Hersteller von ERP- und CRM-Systemen, nur ihre eigenen Anwendungen "fit" für das mobile Internet zu machen, im Sinne einer durchgehenden, vertikalen Lösungssuite, zum Beispiel nur für SAP. Zum anderen der Ansatz von Mobile-Middleware-Anbietern wie Everypath, die sich auf die Anbindung einer Vielzahl von Anwendungen beispielsweise SAP oder Siebel spezialisieren.

Ein kurzer Blick auf die IT-Landschaft der Unternehmen lässt den zweiten Ansatz als den attraktiveren und letztlich einzig sinnvollen vor dem Hintergrund eines mobilen Unternehmensportals erscheinen. Wesentliches Element eines Middleware-Konzepts ist dabei ein Mobile-Application-Server als Herzstück, der zwei funktionale Bereiche abdeckt: nämlich das Zugangs- und das Anwendungs-Management (siehe Grafik "Mobile Middleware").

Um die Nutzung des mobilen Portals überhaupt zu ermöglichen, müssen die Mitarbeiter mit den entsprechenden Endgeräten ausgestattet werden. Obwohl der mobile Mitarbeiter in der Regel über einen Laptop verfügt, ist dieser als Zugangsgerät in Kombination mit einer drahtlosen Modemkarte eher unwahrscheinlich. Der schnelle Zugriff sowie die Handlichkeit sprechen eher für Personal Digital Assistants oder intelligente Mobiltelefone, die mittel- bis langfristig zu einer Kategorie verschmelzen werden.

Das WAP-Trauma muss noch überwunden werdenInnerhalb dieser Kategorie sind aus heutiger Sicht Endgeräte auf der Basis des Epoc-Systems und der Microsoft Pocket-PC-Plattform zu favorisieren. Für Epoc spricht die breite Unterstützung der Hersteller von Mobilfunkgeräten wie Nokia, Ericsson, Motorola und neuerdings auch Siemens, während Microsoft seine Macht in der Unternehmens-IT offensichtlich bereits zum Pushen der Pocket-PC-Plattform nutzen kann. Die Palm-OS-Plattform, obwohl noch dominanter Marktführer im Segment der PDAs, wird dann gute Karten haben, wenn die Sackgasse eines 16-Bit-Betriebssystems verlassen wird.

Mobile Unternehmensportale müssen in der Akzeptanz eine wesentliche Hürde überwinden - nämlich die negativen Erfahrungen der bisherigen WAP-Nutzer. Aufgrund des unzureichenden Serviceangebots, kombiniert mit langsamem Verbindungsaufbau, langen Download-Zeiten, Sicherheitsbedenken sowie hohen Kosten für den Datenzugriff, hat das mobile Internet mit einem schlechten Image zu kämpfen. Potenzielle Anwender werden sich die Frage nach dem "Warum" der Nutzung eines mobilen Unternehmensportals gerade vor diesem Hintergrund stellen. Wenn sie keine überzeugende Antwort bekommen, werden sie das Portal nicht benutzen.

Die Zeit der überzogenen Erwartungen rund um das mobile Internet ist vorbei. Jetzt geht es darum, auf den Boden der Realität die wirklichen Nutzen- und Umsatzträger zu identifizieren. Mobile Firmenportale gehören sicherlich dazu. Unternehmen insbesondere aus dem Bereich der Finanzdienstleister oder der beratenden Industrie mit hohem Außendienstanteil sollen sie deshalb mit wachsendem Auge beobachten. Die zu erwartenden mittelbaren Potenziale wie Qualitätsverbesserung des Außendienstes durch direkten Zugang zu notwendigen Informationen, mehr Zeit für Kunden durch die Reduktion administrativer Backoffice-Aktivitäten sowie zufriedenere Mitarbeiter sind zwar schwierig zu quantifizieren, sollten jedoch Grund genug sein, den Sprung in das mobile "Corporate" Intranet zu wagen.

*Reinhold Stammeier und René Werner sind für das Beratungsunternehmen Accenture in Sulzbach tätig.

Abb.1: Mobile Middleware

Wesentliche Komponenten einer "Mobile Middleware"-Lösung auf Unternehmensseite. Quelle: Accenture

Abb.2: Installationsphasen

Ablauf der Informations- und Anwendungsbereitstellung für mobile Unternehmensportale. Quelle: Accenture