Weihnachtszeit ist Lesezeit

Das große Lesevergnügen

18.12.2010
Von Claudia Heinelt

Zusammen leben für Fortgeschrittene

Der Punische Krieg 216 v. Chr., der Kampf der spanischen Armada gegen England im 16. Jahrhundert, die französische Revolution von 1789, gleich zwei Weltkriege im zwanzigsten Jahrhundert, etc. etc. Wer über die Geschichte der Menschheit nachdenkt, könnte rasch zu dem Ergebnis kommen, dass unser aller historisch-biologisches Erbe ein einziges blutiges Gemetzel ist, in dem stets der Stärkere gewonnen hat. Aber ist das tatsächlich so?

Werner Siefer: Wir und was uns zu Menschen macht. Campus 2010
Werner Siefer: Wir und was uns zu Menschen macht. Campus 2010
Foto: Campus Verlag

Das neueste Buch des Biologen und Journalisten Werner Siefer zeigt faszinierende andere Deutungsmöglichkeiten auf. Bereits im ersten Kapitel, einem kurzen Streifzug durch die Forschungsgeschichte, wird deutlich, wie sehr gerade Forschung und Wissenschaft Kinder ihrer jeweiligen Zeiten sind. Unsere heutige Gesellschaft scheint diesbezüglich gerade an einem sehr spannenden Punkt zu sein, denn Siefer beschreibt eindrucksvoll und mit großem Wissen, welcher Paradigmenwechsel gerade stattfindet: Vom Ich zum Wir.

So schreibt er: "In der Wissenschaft vollzieht sich eine epochale Wende: Immer mehr Befunde zeigen, dass der Mensch nicht als Egoist entstand, sondern als Wesen, das extrem gut an das Leben in einer vielköpfigen Sippe angepasst ist." Das menschliche Gehirn "ist nicht deswegen zu so ungewöhnlicher Größe herangewachsen, weil der Homo Sapiens so intelligent oder vernünftig wäre - dabei handelt es sich um einen grundlegenden historischen Irrtum - ,sondern um die komplexen Beziehungen innerhalb einer Gruppe meistern zu können. Nicht das Ich ist also das, was den Menschen am besten beschreibt, sondern das Wir." Könnte es ein besseres Thema zum Nachdenken geben, wenn Sie alle Ihre Lieben zu Weihnachten treffen?

Werner Siefer: Wir und was uns zu Menschen macht. Campus 2010