Das Gesetz in der CW

19.11.1976

Habemus legem. Das Bundes-Datenschutzgesetz ist verabschiedet. Die COMPUTERWOCHE bringt in dieser Ausgabe eine Berichterstattung über das BDSG, die der Bedeutung dieses "Grundgesetzes für die Datenverarbeitung" wohl angemessen ist.

Zunächst den Leitartikel auf Seite 1. Dazu wurde ein knappes Dutzend Telefongespräche mit den zuständigen Akteuren und Dienststellen geführt. Freitag morgen war die letzte Abstimmung, nachmittags war Redaktionsschluß. Die Computerwoche war am entscheidenden Tag in Bonn nicht vertreten, denn nach dem "Nein" der Opposition am Mittwoch im Bundestag rechnete kaum noch einer mit der Verabschiedung des Gesetzes. Indes, seltsames Ergebnis des hochpolitischen Koalitionshandels: Das Saarland und Niedersachsen machten es möglich.

Haenschke und Rihaczek als Autoren

Eine "Gebrauchsanweisung", für das Bundesdaten-schutzgesetz (Seite 3) schrieb exklusiv für CW nach viel Überredungs-Bemühen der wohl prädestinierteste Autor: SPD-MDB Dr. Frank Haenschke, der neben Ministerialrat Dr. Herbert Auernhammer aus dem zuständigen Innenministerium wohl als der zweite "Vater des BDSG" bezeichnet werden darf. Haenschke war Berichterstatter des Bundestags-Innenlausschusses und somit parlamentarischer Drahtzieher im langjährigen Datenschutz-Gerangel auf der Bonner Szene. Die Verabschiedung "seines" Gesetzes war Haenschkes vorläufig letztes Erfolgserlebnis als Abgeordneter, denn auf eigenen Wunsch wird er im 8. Bundestag nicht mehr dabei sein, sondern sich wieder seiner früheren Tätigkeit als Hochschullehrer widmen.

Besonders berufen auch der Autor des "Gastkommentars" dieser Ausgabe "Datenschutz und was nun?": Dr. Karl Rihaczek. Der Control Data Marketing-Manager hatte zuvor in verschiedenen Ausschüssen und Gremien zum Thema Datenschutz mitgearbeitet und öfter mit Sachverstand in der Presse engagiert Stellung genommen. Sein besonderes Anliegen: Datenschutz sollte nicht mit Dätensicherheit verwechselt werden.

Auch für CW-Cartoonist,Wan Plihal hieß diese Woche das Thema "Datenschütz". Selbst Sebastian Trauerwein "datenschützt" diesmal in seiner Satire.

Anwender sind zu wenig informiert.

Von der Entwicklung in Bonn überrascht, machte die CW-Redaktion in der fast fertigen Zeitung am Freitag schnell Platz für eine halbe Seite "wichtigste Paragraphen des BDSG". Dann aber stellte sich heraus, daß zu vieles wichtig ist, zumindest, daß eine halbe Seite niemals reicht. Gegen Mittag bereits kamen erste Anrufe von Anwendern: Was sei denn nun beschlossen worden? Wo gebe es den Gesetzestext? Schon für die nächste Ausgabe begann CW-Redakteurin Nora Hörmann ein "Thema der Woche" vorzubereiten mit Anwender-Stimmen zur Frage "Was nun? Was tun?" Auch bei diesen Telefonaten stellte sich heraus, daß die Praktiker draußen kaum informiert sind, vielfach sogar keinerlei Ahnung darüber haben, was mit dem Datenschutzgesetz auf sie zukommt. Dabei ist doch jeder EDV-Chef, vermutlich gar jeder Datenverarbeiter, betroffen.

47 Paragraphen auf 4 Seiten

Spätnachmittags Redaktions-Konferenz mit dem Ergebnis: Alle acht CW-Redakteure stimmten darin überein, die COMPUTERWOCHE müsse - Zum einen wegen der eigenen Standards, zum anderen wegen des Informationsbedarfs der Leser - den ganzen Gesetzestext mit seinen 47 Paragraphen abdrucken, jede Alternative sei halbe Sache. "Service für die Leser" wurde gefordert. Das ganze Gesetz? Vier ganze CW-Seiten? Die COMPUTERWOCHE ist doch kein Wohltätigkeitsverein! Indes, die Verlagsleitung billigte die Extrakosten.

So finden die CW-Leser in dieser Ausgabe zum Thema Bundesdatenschutzgesetz nicht nur aktuelle Berichte und auch Humoristisches, sondern als Sonderdruck auf den vier Mittelseiten den vollständigen Text des "Jahrhundert-Gesetzes". Dahinter steckt die Überlegung, daß es wohl unumgänglich ist, sich mit diesem Text eingehend zu befassen. Man nehme sich entsprechend viel Zeit. Es geht nicht anders.