Gerät der Wettbewerb außer Kontrolle?

Das Fusionsfieber der Unternehmen dauert an

14.09.2001
MÜNCHEN (CW) - Fusionen erlebten im letzten Jahrzehnt einen Boom und sind - was die HP-Compaq-Ehe beweist - noch immer im Trend. Gleichzeitig befürchten Experten, dass der Wettbewerb aufgrund zunehmend größerer transnationaler Zusammenschlüsse außer Kontrolle gerät.

Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft wuchs die Zahl der weltweiten Firmenehen zwischen 1990 und 2000 von jährlich 9000 auf 37000 an. Dabei verachtfachte sich das bewegte Finanzvolumen - bedingt durch Megafusionen - von 450 Milliarden auf rund 3 495 Milliarden Dollar. So summierten sich 1999 die weltweit fünf größten Firmenübernahmen auf 338 Milliarden Dollar, das entspricht zehn Prozent des gesamten Übernahmevolumens. In Deutschland erlebten Merger 1992 einem kurzen Boom und erreichten erst zur Jahrtausendwende wieder die Zahl von über zweitausend Fusionen. Dieses Jahr ist die Zahl der Firmenehen hierzulande wieder rückläufig, da viele fusionsbereite Unternehmen ihr Vorhaben bis 2002 verschieben. Ab diesem Zeitpunkt müssen Kapitalgesellschaften ihre Veräußerungsgewinne für Beteiligungsprofite in Deutschland nicht mehr versteuern.

Experten betrachten den florierenden Heiratsmarkt mit kritischen Augen. Sie befürchten einen schwindenden Wettbewerb um Kunden und Marktanteile, theoretische Folgen wären höhere Preise für die Abnehmer sowie ein größerer Druck auf die Lieferanten. Außerdem bangen sie um Innovationsfreude und Flexibilität. Um zu verhindern, dass die Großkonzerne durch Fusionen zu viel Speck ansetzen, ist in Deutschland das Bonner Kartellamt zuständig. Allerdings sind der Kontrolle durch die steigende Globalisierung Grenzen gesetzt - der Markt wächst oft über Landes-und Kontinentgrenzen hinaus. Seit 1989 überwacht eine EU-Kommission unionsweite Fusionen.

Ihre Arbeit wuchs in den letzten zehn Jahren um das Fünffache, dennoch machte die europäische Wettbewerbsaufsicht nur selten von ihrem Veto-Recht Gebrauch: 2000 verbot die EU-Kommission nur zwei Fusionsanträge, 331 wurden dagegen - teilweise mit Auflagen - genehmigt. Obwohl im selben Jahr mehr als 7300 transnationale Firmenehen stattfanden, drei Mal so viele wie 1990 - fehlt jedoch bislang eine zuständige Kontrollinstanz dafür. Zur Debatte stehen entweder ein internationales Wettbewerbsrecht mit einem global tätigen Kartellamt oder eine Kooperation der regionalen Wettbewerbsaufsichten.

Abb: Florierender Heiratsmarkt

Tendenz steigend: In den letzten zehn Jahren vervierfachte sich die Zahl der weltweiten Firmenzusammenschlüsse. Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft, Köln