Schneider Rundfunkwerke geben die Computerfertigung auf

Das Ende mit Schrecken sollte zur alten Ertragsstärke führen

29.11.1991

Der Börsenwert der Schneider Rundfunkwerke AG fiel in anderthalb Jahren um mehr als eine halbe Milliarde Mark. Ende 1989 notierte die Schneider-Aktie bei 930 Mark. Der Unternehmenswert betrug eine dreiviertel Milliard Mark. 1990 erwirtschaftete das Unternehmen in der PC-Sparte einen Verlust von 45 Millionen Mark. Die drastische Anpassung der hochfliegende Träume an die Wirklichkeit führte zu einem Kurssturz 200 Mark je Aktie. Die aktuelle Börsenbewertung des Türkheimer Spezialisten für Unterhaltungselektronik liegt bei 160 Millionen Mark. Dem steht ein Eigenkapital zum 31. Dezember 1990 von über 25 Millionen Mark gegenüber.

Schneider kündigte die Aufgabe der Computerfertigung an. Die Tatsache, daß hier ein Ende mit Schrecken inklusive Entlassungen und Sozialplan vollzogen wird, anstatt zu versuchen, im aggressiven Preiskampf gegen die Großen der Branche zu bestehen, könnte die Schneider-Aktie zu einer interessanten Anlagechance werden lassen.

In dem derzeitigen Kursniveau steckt die Vorwegnahme weiterer Verluste aus dem Computerbereich. Die Eigenfertigung wird aufgegeben. Ein Kooperationsvertrag mit der NCR Deutschland GmbH zur Weiterentwicklung und Produktion der Schneider-Business-Line-PCs soll unmittelbar vor dem Abschluß stehen. Nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Bernhard Schneider kommt in Zukunft lediglich noch eine Eigenmontage in Randbereichen der Computersparte in Betracht.

Nachdem Mitte des Jahres noch auf eine Neuordnung der Computersparte gesetzt wurde, kommt das Aus zum jetzigen Zeitpunkt für den externen Beobachter unerwartet früh. Man kann deshalb davon ausgehen, daß die Probleme in der Schneider Computersparte im Verlauf des zweiten Halbjahres 1991 weiter gewachsen sind. Schon 1990 gab es nicht nur einen Umsatzeinbruch von 21 Prozent im Computergeschäft, sondern zum Jahresende waren 27 Millionen Mark Wertberichtigungen auf die Lagerbestände notwendig.

Die Bereinigung des wahrscheinlich wider Erwarten schlechten Computergeschäfts 199l wird noch in diesem Geschäftsjahr erfolgen. Es sind nicht nur erhebliche Abschreibungen auf den Lagerbestand, sondern auch Vorsorgeleistungen für den Abbau von 250 Arbeitsplätzen - mehr als 20 Prozent der Stellen - im Stammwerk Türkheim notwendig.

Hätte der Käuferansturm in den neuen Bundesländern 1990 nicht zu einem Rekordergebnis von 60 Millionen Mark im angestammten Tätigkeitsbereich Unterhaltungselektronik geführt, wäre es voraussichtlich schon im vergangenen Jahr zu einem Verlustabschluß und/oder einer weniger realistischen Bewertungen der Vorräte im Computerbereich gekommen. Der Unterhaltungselektronik-Boom des Vorjahres hat sich 1991 nicht fortgesetzt. Im Gegenteil: Es war notwendig, die im Ausnahmejahr 1990 aufgebauten Kapazitäten zurückzuführen. 1991 wird es deshalb zu einem Verlustabschluß im Schneider-Konzern kommen. Die Dividende wird ausfallen.

Die Aufgabe der Computerfertigung ist der größtmöglich denkbare Einschnitt zum jetzigen Zeitpunkt. Die Altlasten dieses Bereiches sollten in der Bilanz von 1991 abschließend bereinigt werden. Mit einer Kapitalrücklage von 110 Millionen Mark und einer Gewinnrücklage von 94 Millionen Mark bei einer Eigenkapitalquote von 43,75 Prozent (Konzern) zum 31. Dezember 1990 bietet die Bilanz bei einem Umsatz von nur noch 66 Millionen Mark im Computerbereich im ersten Halbjahr 1991 ausreichend Spielraum für diese Bereinigung.

Das Ende mit Schrecken sollte deshalb ein Schritt zur Rückkehr zu alter Ertragsstärke im angestammten Bereich Unterhaltungselektronik sein.

Schneider hat in der Vergangenheit bewiesen, daß man im Wettbewerb im Marktsegment der gehobenen Unterhaltungselektronik auch mit dem Standort Deutschland bestehen kann. Bei einer Börsenbewertung von 160 Millionen Mark und einer. Umsatzerwartung von bis zu 800 Millionen Mark für das Geschäftsjahr 1992 bezahlt der Aktionär eine Umsatzmark mit 20 Pfennigen. Für ein Elektro-/ Elektronikunternehmen ein günstiger Wert. Schon ein Wiedererreichen der Ertragszahlen von 1989 würde den heutigen Kurs unter Ertragsgesichtspunkten absichern.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vermögensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in München.