Absolventen bewerben sich zunehmend bei Mittelstaendlern

Das Einstiegsgehalt verliert bei Junginformatikern an Bedeutung

12.03.1993

Keine weltbewegenden, aber immerhin einige neue Erkenntnisse ueber das Verhalten von Studienabgaengern des Jahres 1993 vermittelt die Ploenzke-Umfrage, die auf dem Absolventenkongress in Koeln Ende vergangenen Jahres durchgefuehrt wurde. Das Kiedricher Softwarehaus befragte 386 Studenten persoenlich mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens. Immerhin fast ein Drittel der Befragten gehoerten dem Fachbereich Informatik an. Allerdings weichen deren Ergebnisse kaum von denen der anderen befragten Studenten ab.

Die Untersuchung wollte unter anderem herausfinden, welchen Berufseinstieg die Absolventen bevorzugen, nach welchen Kriterien sie den zukuenftigen Arbeitgeber beurteilen und welche Einstellungskriterien fuer sie wichtig sind.

Wenn es um die Attraktivitaet potentieller Arbeitgeber geht, rangieren Kriterien wie abwechslungsreiche und anspruchsvolle Aufgabe, gutes Verhaeltnis zu den Kollegen und Vorgesetzten sowie gute Moeglichkeiten zur Weiterqualifizierung an vorderster Stelle. Als weitere wichtige Punkte nennen die Befragten Qualitaet und Umweltvertraeglichkeit der vom Unternehmen erstellten Produkte sowie die Arbeitsplatzsicherheit.

Ueberrascht zeigen sich die Verfasser der Studie davon, dass zum einen die klassischen Anreizfaktoren wie hohes Gehalt und Zusatzleistungen, und zum anderen Marktposition und Image des Unternehmens offenbar nur eine geringe Rolle spielen. Dazu passt ein weiteres Ergebnis, dass naemlich 93 Prozent der Informatiker und 90 Prozent der Studenten aller Fachrichtungen in einem Unternehmen der Groesse 50 bis 5000 Mitarbeitern beschaeftigt sein wollen. Der Mittelstand geraet damit in den Blickpunkt des Interesses von Universitaetsabgaengern.

Sie haben naemlich gemerkt, dass selbst Konzerne keine Gewaehr fuer eine lebenslange Stellung garantieren, und dass Karriere im Zeitalter eines schlanken Managements nicht bedeutet, die Hierarchieleiter im Unternehmen hochzuklettern.

Dass die Absolventen Realitaetssinn zeigen, laesst sich auch daran ablesen, dass sie bei den bevorzugten Branchen die Dienstleister angeben, also den Wirtschaftszweig, der bisher am wenigsten durch Entlassungen in die Schlagzeilen geraten ist. Drei von vier Befragten koennen sich in dieser Branche ihren Berufsstart vorstellen, jeder zweite dagegen zieht eine Stelle in der Industrie in Betracht.

Abgeschlagen rangiert der oeffentliche Dienst; nur knapp drei Prozent interessieren sich fuer einen Arbeitsplatz in Behoerden.

Beim Einstieg in die Berufswelt wollen die Studiosi gleich arbeiten und nicht wieder lernen; Traineeprogramme sind im Vergleich zu frueher kaum noch gefragt. Nur noch zehn Prozent der Informatikstudenten liebaeugeln mit dieser Form des Einstiegs.

Das kann damit zusammenhaengen, so die Studie, dass die Traineeprogramm-Euphorie abebbt und die hochgesteckten Erwartungen sowohl auf Seiten der Unternehmen als auch der Studenten nicht ganz erfuellt wurden.

Bei der Einstellung spielen nach Auffassung der Studenten Persoenlichkeitsmerkmale eine wesentliche Rolle. Damit befinden sie sich auf der Linie der Personalchefs. Klassische Kriterien wie Abschlussnote, Diplomarbeit und Studiendauer verlieren laut Untersuchung an Bedeutung.

Die Studie wird anlaesslich der CeBIT auf dem Karrierezentrum der COMPUTERWOCHE vorgestellt.

Abb: Attraktivitaet potientieller Arbeitgeber

So sehr sich Personalchefs auf den Wertewandel eingestellt haben und wissen, dass Absolventen eine abwechslungsreiche Arbeit hoeher bewerten als das Gehalt, eine Sache nehmen sie den Berufseinsteigern nicht ab: dass fuer sie das Thema Standort, sprich Mobilitaet, keine Rolle spiele. Die Personaler sprechen von gegenteiligen Erfahrungen. Quelle: Ploenzke