Sonderschau "Arbeitswelt Büro - Dokumentation des Wandels" im CeBIT:

Das Büro ist kein Job-Killer

04.05.1979

Mitten im geschäftsbetonten Geschehen der Hannover-Messe '79 findet im Welt. Centrum der Büro- und Informationstechnik CeBIT eine Veranstaltung statt, die keinen unternehmerischen Anbahnungen dient. Die Sonderschau "Arbeitswelt Büro - Dokumentation des Wandels" will vielmehr das allgemeine Verständnis für die Fachentwicklungen fördern, die heute das Bild des Büros, seiner Berufe, Arbeitsmethoden und Arbeitsmittel prägen.

Bei der Eröffnung der Sonderschau betonte Jörn P. Stielow, Vorsitzender des Messe-Ausschusses CeBIT, daß heute fast jeder zweite Berufstätige Angestellter ist. Hinzu kommen die Beamten. Aus beiden Gruppen arbeitet der größte Teil im Büro.

Stielow verwahrte sich dagegen daß die Bürotätigen offenbar zunehmend inhumanen Arbeitsbedingungen ausgetzt seien. Auch sei das Büro kein Job-Killer. Ein Teil dieser Befürchtungen hänge zweifellos mit jener jahrelangen wirtschaftlichen Rezession und ihrer hohen Arbeitslosigkeit zusammen. Das öffentliche Verständnis zur Rationalisierung wirke des weiteren pessimistisch, aber auch eine Diskussion mit diesem Merkmal kann für alle Beteiligten fruchtbar sein - wenn sie noch rechtzeitig versachlicht wird. Eine ausgezogene Diskussion und Weiterentwicklung ist wohl nur denkbar, meinte Stielow, wenn das Thema "Rationalisierung" mit allen Facetten zur Sprache kommt, die diese breite Aufgabe besitzt.

Zum Zeitpunkt dieser Messe zeigen noch alle Diskussionen über Büro-Rationalisierung den gleichen Mangel, daß es im Für und Wider kein beweisfähiges Zahlenmaterial gibt. Dieses wird zur Zeit erst erstellt.

Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Dr. h.c. Josef Stingl, ging in seiner Rede zur Eröffnung der Sonderschau auf die Büroberufe aus arbeitsmarktpolitischer Sicht ein. Er legte dar, daß der dynamische Wirtschaftsprozeß, dem der Trend zu Arbeitstelligkeit, Technisierung, Automation und Rationalisierung innewohnt, gewissermaßen naturnotwendig die Erwerbstätigkeit in Richtung "Schreibtischberufe" verlagert.

Noch im März 1978 war die Arbeitslosigkeit bei Warenkaufleuten, Verwaltungs- und Büroberufen gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres um 39 Prozent gestiegen, während sie in allen anderen Berufsbereichen in dieser Zeit zurückgegangen war, bei den Bauberufen sogar um 35 Prozent.

Damals wurden Rufe laut, die Angestellten sollten sich nicht zu fein sein, sich in gewerbliche Berufe umschulen zu lassen. Schon im Mai 1977 kam es im genannten Berufsbereich aber zur Trendwende. Die Zahl der Arbeitslosen bei Warenkaufleuten, Büro- und Verwaltungsberufen nahm schnittlich ab, das Stellenangebot verstärkte sich. Diese Entwicklung hielt ununterbrochen bis jetzt an, wenn sich auch im Zuge allgemeiner konjunktureller Erholung die Bewegung etwas beruhigte und andere Berufsbereiche inzwischen nachgezogen haben. Ende März 1979 registrierte die Bundesanstalt unter den insgesamt 957 700 Arbeitslosen noch 212 000 Angehörige der geannten Angestellten-Berufe.

Bei der aufgezeigten allgemein günstigen Entwicklung fällt außerdem auf, daß die Nachfrage nach qualifizierten Kräften stärker ist als nach Kräften für einfache Tätigkeit, sagte Stingl.

Sollte sich die gegenwärtige günstige Konjunkturentwicklung weiter fortsetzen, so würde sicher auch die Diskussion um die schädlichen Folgen der Rationalisierung abebben, meinte Stingl.

Quelle: Hannover-Messe-Zeitung vom 19. April 1979.