Content statt Infrastruktur
Hinzu kommt noch ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, das Frank Felten von der PTV Planung Transport Verkehr AG unterstreicht: "Die Chance der kleineren Player liegt in der Gestaltung von Software-as-a-Service-Produkten (SaaS), während die Großen im Wesentlichen Infrastruktur- oder Platform-Lösungen offerieren."
Ein anderer Vorteil für die kleineren Anbieter liegt in der Möglichkeit, nicht nur die IT-Plattform in der Cloud zur Verfügung stellen, sondern auch inhaltliches Wissen einbringen zu können. Die ROC Deutschland GmbH beispielsweise, spezialisiert auf Personal-Controlling auf Basis von SAP-Software, bietet ihren Kunden länder- und branchenspezfische Contents zu Themen rund um das Human Capital Management. "Technologie zu Verfügung stellen können alle, den Inhalt nicht!", zeigt man sich bei ROC selbstbewusst.
- Ralph K. Treitz, Vorstand der VMS AG
In Sachen Sicherheit und Datenschutz gibt es keine Garantien. Nur stetes ernsthaftes Bemühen. Jede einzelne Entscheidung für einen genutzten Service muss abgewogen werden. - Fabian Kaspereit , Senior Manager bei Progress Software
Als Anwender erwarte ich maximale Absicherung. Die meisten Unternehmen sind hier nicht kompromissbereit oder –fähig, da sie eigene Governance-Richtlinien einzuhalten haben. - Birgit König, Principal Consultant und Cloud Leader bei PROFI Engineering Systems
Durch ein Proof of Concept. Der Kunde kann im Vorfeld die Cloud auf Sicherheit und Datenschutz testen. - Alexander Wallner, Area Vice President Germany bei NetApp
Sicherheit für die Cloud ist ein Top-Thema. Aber es gilt abzuwägen: Ist ein Serverraum im Keller wirklich sicherer als eine mehrfach redundante Cloud-Infrastruktur mit strengen SLAs und standardgemäß implementierten Sicherheitsfunktionen? - Andreas Richter, Director Marketing Europe von GROUP Business Software
100-prozentige Sicherheit gibt es bei IT-Prozessen eigentlich nie. Unabhängig davon, sollten alle technischen, organisatorischen und rechtlichen Maßnahmen realisiert werden, die ein Maximum an Verfügbarkeit, Ausfallsicherheit und Datenschutz ermöglichen. - Matthias Kunisch Geschäftsführer bei forcont
Im Übrigen nutzt dem Kunden am Ende des Tages das gesetzestreue Regelwerk wenig, wenn der eher unwahrscheinliche Fall eines Totalausfalls des jeweiligen Dienstes in der Wolke eintritt. Viel wichtiger ist es für den Kunden, dass er im Besitz seiner Daten bleibt. - Tobias Zimmer, Geschäftsführer von Emnis
Beim Datenschutz kann man keine Zugeständnisse machen, dafür gibt es gesetzliche Vorschriften. Am Ende läuft es auf die Frage hinaus: „Kann ich im Unternehmen eine höhere Datensicherheit gewährleisten als ein spezialisierter Dienstleister über ein Rechenzentrum“? - Thorsten Deutrich, General Manager bei Cotendo DACH
Jeder Kunde bekommt eine passgenaue Lösung, vorab werden gemeinsam mit dem Kunden alle Sicherheitsaspekte definiert und individuell ausgehandelt. - Roberto Valerio, Geschäftsführer von CloudSafe
Privatanwender sind tolerant, was das Niveau der Datensicherheit angeht, sofern das Produkt kostenfrei oder günstig ist. Firmenanwender, gerade in Deutschland, sind es nicht. Hier wird sehr genau auf die (technische) Sicherheit der Daten geachtet, unabhängig vom Preis. - Andreas Zipser, Mitglied der Geschäftsführung der CAS Software AG
Als Anwender würde ich immer darauf bestehen, dass die Daten in Deutschland gehostet werden. Andernfalls lassen sich Ansprüche aus einen gegebenenfalls entstandenen Schaden kaum durchsetzen. - Klaus Weinmann, CEO von Cancom
Jedes Unternehmen unterscheidet sich in seinen Schutzbedürfnissen und der Gefahrenlage. Zudem erfordert der Spagat zwischen Sicherheit und Zugriffsmöglichkeiten von außen grundsätzlich eine ganzheitliche Lösungsbetrachtung. - COMPUTERWOCHE
Mit welchen Zugeständnissen geben Sie den Anwendern die Garantien in Sachen Sicherheit und Datenschutz, die diese brauchen? Beziehungsweise, was sind Sie als Anwender bereit zu akzeptieren?
Einen Wettbewerbsvorteil sehen viele Befragte zudem in puncto Security und Datenschutz. Sie spielen dabei die lokale beziehungsweise regionale Karte aus und versprechen, dass die Daten im Lande oder zumindest in der EU verbleiben. Für den Anwender hat das den Vorteil, dass er sich um die Einhaltung von Compliance-Vorschriften, Datenschutz etc. keine Sorgen machen muss. Zudem braucht er keine Angst vor Industriespionage haben, wie sie etwa auch unter dem Schutzmantel des US Patriot Act nicht ausgeschlossen werden kann.
"Die großen Anbieter sind nicht immer in der Lage, bestimmte Aspekte zu garantieren, etwa dass Daten in Deutschland verbleiben. Hier bieten sich gute Chancen für kleinere Spezialanbieter", argumentiert denn auch die Materna GmbH. Auch Zimmer von Emnis ist überzeugt, "dass deutsche Mittelständler die Datenhaltung vor Ort wollen. Nicht vermittelbar sind Datenspiegelungen rund um den Globus."
Im Dunstkreis der Großen
Doch bei allen Abgrenzungsversuchen sehr sich die meisten Kleinanbieter nicht in einem unversöhnlichen Konkurrenz- oder gar Überlebenskampf gegen die Großen. Viele begreifen die Branchenschwergewichte gar als Chance. "Wir sehen die Situation aktuell eher als Symbiose und weniger als Konkurrenz. Ohne die mächtigen Player könnten wir unsere Dienste nicht zu diesen Konditionen am Markt anbieten", skizziert man bei der Infopark AG den Wettbewerb.
Auch andere sehen die Großen weniger als Gefahr, sondern als Chance für Applikationsanbieter, um selbst günstig auf deren Infrastruktur Services aufzubauen. Wie ein solche Symbiose aussehen kann, verdeutlicht die VMS AG am populären Beispiel Dropbox: "Dropbox basiert auf der Amazon Cloud. Sie bietet aber ein deutlich leichter zu bedienendes User Interface als generische Amazon-Angebote und erschließt damit Cloud-Storage für jedermann."
Angesichts solcher Business-Ideen und eingedenk der Tatsache, dass sich die klassischen IT-Wertschöpfungsketten verschieben, stellt sich die Frage, welche Rolle künftig IT-Systemhäuser spielen. Zurzeit ist noch nicht absehbar, ob sie im Cloud-Zeitalter eine Nische finden werden, die ihnen eine ähnlich komfortable Existenz wie gegenwärtig ermöglicht.