Web 2.0

Das bessere Wissens-Management

02.12.2010
Von Robert Gammel

IT-Manager twittern nicht

Klaus Hardy Mühleck, Volkswagen: "Mitarbeiter sollten die Verantwortung für ihre Arbeitsplätze nicht aus dem Auge verlieren."
Klaus Hardy Mühleck, Volkswagen: "Mitarbeiter sollten die Verantwortung für ihre Arbeitsplätze nicht aus dem Auge verlieren."
Foto: Joachim Wendler

Volkswagen gilt hierzulande als einer der Internet-Vorreiter. So stellten die Wolfsburger im Mai dieses Jahres als erster Autohersteller ein digitales Kundenmagazin als App vor, das speziell für das iPad entwickelt wurde. Auch bei der Markteinführung seiner Produkte geht das Unternehmen neue Wege. In diesem Sommer wurde mit dem Polo GTI erstmals in Europa ein Fahrzeug ausschließlich in einem sozialen Netzwerk den Kunden vorgestellt. Facebook-Nutzer wurden als erste auf den neuen Wagen aufmerksam gemacht. Mühlecks Konzern-IT begleitet Projekte wie diese und treibt zugleich die Bereitstellung der Infrastruktur für das interne Web-2.0-Projekt voran.

Wie die Diskussion der rund 20 CIOs in der Wolfsburger Autostadt deutlich machte, sind viele von Mühlecks Kollegen dagegen noch in der Orientierungsphase. Willms Buhse, Web-2.0-Pionier und Geschäftsführer von Doubleyuu, der den Roundtable mit einem Impulsvortrag eröffnet hatte, erhielt auf Nachfrage ein eher zurückhaltendes Stimmungsbild. So nutzt kein einziger der anwesenden IT-Manager die Microblogging-Plattform Twitter, ein CIO gab stattdessen an, sogar seinen Xing-Account wieder deaktiviert zu haben, da er nicht die Zeit habe, sich mit der damit verbundenen Informationsflut zu beschäftigen.

Ignoranz der IT hilft nicht weiter

Dieses Argument wollte Buhse nicht akzeptieren. Ein Übermaß an Informationen sei immer ein Indiz für falsche oder ungenügende Filterung. Er empfahl den IT-Managern dringend, sich mit Social-Media-Plattformen und dem neuen Kommunikationsverhalten der Digital Natives zu beschäftigen. Es sei Teil ihres Jobs, hier Bescheid zu wissen. Schließlich müsse jedes Unternehmen Richtlinien für den Umgang mit Web-2.0-Diensten verabschieden, um zu regeln, welche Informationen die Unternehmensgrenzen nicht verlassen dürfen und welche Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen.

Angst um das geistige Eigentum

Neben der Sorge, dass Mitarbeiter mit ihrem Engagement auf Web-2.0-Plattformen wie Facebook oder Xing einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit verbringen, ist es die Angst, dass Digital Natives geistiges Eigentum und Firmengeheimnisse publik machen, weshalb viele Führungskräfte Social-Media am liebsten aus dem Unternehmen verbannen würden. Buhse rät hier zu einem gelasseneren Umgang mit dem Thema, da diese sowieso unumkehrbare Entwicklung nicht nur Risiken berge, sondern auch viele Chancen eröffne. Allerdings täte jedes Unternehmen gut daran, Guidelines zu definieren und zu kommunizieren.

Schließlich biete das Web 2.0 die Möglichkeit, Mitarbeiter in wichtige Ideensammlungs- und Entscheidungsprozesse einzubeziehen, wodurch sich auch die Motivation der Beteiligten mit wenig Aufwand kräftig steigern ließe. Hier ließen sich Buhse zufolge mehr Potenziale heben als mit Management-Ansätzen der Vergangenheit, wie beispielsweise der Einführung flacher Hierarchien oder der Einführung von kostspieligen Wissens-Management-Lösungen.

Hier sieht Mühleck die Vorzüge einer internen Social-Media-Plattform, auf der bei Volkswagen beispielsweise Blogs und Unternehmens-Wikis laufen. Sie fördere die Vernetzung und aktive Beteiligung von Mitarbeitern und helfe dadurch, vorhandenes Wissen von Experten für das ganze Unternehmen leichter zu erschließen. Hätten früher ausgewiesene Spezialisten zur Beschreibung von Arbeitsabläufen das Planungssystem "Aris" eingesetzt, kämen heute hierfür sukzessive Web-2.0-Tools mit intuitiven Benutzeroberflächen zum Einsatz. Die ersten Versuche bei Volkswagen seien so erfolgreich verlaufen, dass sich die Konzern-IT kaum vor Folgeaufträgen für diese neuartigen Tools retten könne. "Mitarbeiter, die sich in der täglichen Praxis mit Arbeitsabläufen befassen und eben nicht als IT-Experten verstehen, sind aus eigenem Antrieb aufgesprungen. Diese Kollegen sind versierte Fachleute. Ihr Wissen ist sehr gefragt und hochwillkommen", betont Konzern-CIO Mühleck. Oft helfe schon eine Kommentarfunktion, um die Ideen und Anregungen der Mitarbeiter einsammeln zu können.