Das BDE-Dilemma

05.12.1975

In der Bundesrepublik gibt es etwa 2500 Fertigungsbetriebe mit mehr als 500 Beschäftigten. Man schätzt, daß in allerhöchstens 500 Firmen eine Betriebsdatenedassung für die Fertigungssteuerung über die zentrale Datenverarbeitung erfolgt. Vermutlich in weniger als 50 Betrieben werden Produktions- und Fertigungsdaten direkt an den Maschinen abgegriffen und online in die Groß-EDV übergeben, um den teuren Maschinenpark optimal auszulasten.

Gemessen am EDV-Aufwand der kommerziellen Datenverarbeitung wurde die Betriebsdatenerfassung, Produktionsüberwachung und Zwischenlagerkontrolle bisher geradezu sträflich vernachlässigt. Da werden zwar Telefonverzeichnisse per Schnelldrucker erstellt und Vertreter-Statistiken kreuz und quer kompiliert aber keiner weiß, wieviel Kapital in den Zwischenlagern unnütz gebunden ist. Und weit entfernt ist man von einem integrierten Kommunikations-Konzept für die Bereiche kommerzielle EDV, Betriebsdatenerfassung, Gebäudeüberwachung, Personal-Zeiterfassung, Telefonnetz, Kabelfernsehen. Diese Dinge können und müssen aufeinander abgestimmt werden. Die computergesteuerte Nebenstellenanlage IBM 3750 ist ein Ansatz - einer von viel zu wenigen.

Denn die Hersteller, auch die Prozeßrechner-Hersteller, haben sich bisher an die BDE kaum herangewagt, zu vielfältig erscheint ihnen der Bedarf an spezialisierten Terminals, zu aufwendig die Software-Probleme für Standard-Lösungen. Noch lassen sich bei Versicherungen, Banken und Handel leichter Punkte machen. Die Industrie steht ganz hinten auf der Verkauf-Soll/Vorgabe-Liste aller Branchen. Entsprechend gering die Marketing-Bemühungen.

Die kleinen auf BDE spezialisierten Hersteller können allein nicht die Software-Ausgaben aufbringen, die erforderlich wären, um im Rahmen konzentrierter Gesamtkonzepte verkaufen zu können - zumal üblicherweise die EDV-Chefs bereits Hemmungen haben, mit noch wesentlich größeren Firmen - aus ihrer Sicht immer noch unzuverlässigen Mixed Hardware-Anbietern - zusammenzuarbeiten.

Der große Durchbruch der Betriebsdatenerfassung ist also noch nicht gekommen. Und vermutlich steht er auch noch nicht vor der Tür. Schade - für die einzelnen Firmen und für die gesamte Volkswirtschaft.

Provisions-Feilscherei

Es ist branchenüblich, daß ein Berater, der einen Anwender veranlaßt, ein Standard-Programm-Paket zu kaufen, vom derart beglückten Software-Haus eine Provision von 5 Prozent erbittet. Das sind bei einem 60 000-Mark-Paket immerhin drei Tausender. Diese Art von Doppelverdienerei ist an sich schon unschön - leider aber weitgehend eingebürgert -, in der Gebraucht-Computer-Branche herrschen ganz andere, schlimmere Geschäfts-Usancen.

Ganz schlimm aber wird es, wenn dubiose Berater, die im Kundenauftrag ermitteln sollen, welche Lösungen optimal wären und die dafür nicht schlecht kassieren, sich an mehrere Software-Hersteller wenden. die ähnliche wenngleich nicht identische Programmpakete anbieten und dem den Auftrag versprechen, der die höchste Provision zu zahlen bereit Ist. Der Beratene verläßt sich auf den Sachverstand seines Beraters, der aber orientiert sich an den Ergebnissen seiner Provisions-Feilscherei.

Die Computerwoche, als anwender-orientierte Fachzeitung, wurde gegebenenfalls künftig über solches, der ganzen Berater-Branche schädliches Fehlverhalten mit Namens-Nennung berichten. An die Software-Häuser der eindringliche Appell, sich auf dergleichen Erpressung gar nicht erst einzulassen, weil sie sich letzten Endes damit nur selber schaden würden.

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Zum Jahresende zeigt sich, wo noch Luft im Budget-Ansatz ist. Die Zurückhaltung gegenüber Fremd-Ausgaben für Standard-Programm-Pakete. die angesichts der Ungewißheit über den Verlauf des Jahres so lange anhielt, sollte jetzt geradezu einer Kauf-Euphorie weichen, soweit noch Geld vorhanden ist. Wann sonst denn?

Das heißt nicht, um jeden Preis Unsinniges erwerben, sondern jetzt noch die Dinge ordern, die seit langem sinnvoll erscheinen und die ohne großen Umstellungsaufwand genutzt werden können. - Etwa Job-Accounting-Veffahren, Projektmanagement-Systeme, schnelle Sorts oder sonstige Orgware/Sysware-Pakete. In wenigen Wochen ist es wieder einmal zu spät.