IT in Banken/Kommunizieren mit Access, Excel und Winword

Das Baukosten-Kontrollsystem der Commerzbank ist keine Insel

22.03.1996

Langsam, aber stetig voran geht der Einzug vernetzter Unix- Anwendungen und Client-Server-Loesungen auch in den Mainframe- Welten der Banken und Kreditinstitute. So greift beispielsweise der Zentrale Servicebereich Bau (ZSB) der Commerzbank AG beim Kosten-Controlling von der ersten Grobschaetzung, weiterer Kostenermittlung, der Abrechnung bis hin zur Zahlung im Verbund mit der Datenbank Adabas D auf die Unix-Anwendung "Cobau" zurueck.

Neben der im Bau befindlichen neuen Zentrale in Frankfurt am Main ist rund ein Drittel aller eigenen oder angemieteten Immobilien staendig in irgendwelchen Bauzustaenden. Grund genug fuer den ZSB, sich bei der Kostenkontrolle von Bauprojekten sowie der Objekt- und Immobilienverwaltung von der muehsamen Handarbeit zu loesen und sich nach einer funktionalen DV-Unterstuetzung umzusehen. "Nach einer umfangreichen Marktuntersuchung aus eigenen Mitteln haben wir uns 1989/90 entschieden, bei dem Muenchner Unternehmensberatungs- und Softwarehaus PAI - Partner fuer angewandte Informatik GmbH das Kostenkontroll-System Cobau in Auftrag zu geben", berichtet der zustaendige ZSB-Direktor Klaus Ringsleben von den Anfaengen moderner Datenverarbeitung in der Bauabteilung. Einzige DV-Unterstuetzung war bis dahin ein in Dbase erstelltes Rechnungsbuch, das bei etwa 10 000 Eintraegen pro Jahr nicht mehr praktikabel arbeitete.

Die Einfuehrung des Teilsystems Projekt-Management war im ZSB allerdings umstritten. Bevor es im Jahr 1990 soweit war, musste eine Reihe von Huerden ueberwunden werden. "Um Gottes Willen, nur keine Individualloesungen, nur keine Insel aufbauen" hiess es damals, so Ringsleben. Nach einer Kosten-Nutzen-Analyse entschied sich die Bank schliesslich fuer das vernetzte Unix-Programm. Weitere Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Schnittstelle zur Bilanzbuchhaltung mussten abgedeckt werden. Ringsleben: "Um nicht alles neu zu machen, haben wir auf eine Branchenloesung unseren speziellen Bedarf draufgesattelt."

"Wir waren eine der ersten Abteilungen in der Commerzbank, die eine Unix-Anwendung genehmigt bekam", blickt Ringsleben zurueck. Bei der Umsetzung der urspruenglich von der zentralen DV-Abteilung geforderten Grossrechnerloesung und der hohen Mainframe-Auslastung waere die Abteilung Bau mit den Rechnerzeiten staendig zurueckgelegen. Ringsleben: "Auch unsere Just-in-time- Datenbereitstellung haetten wir mit einer Grossrechneranwendung kaum gewaehrleisten koennen."

Noch 1991 wurde die Software mit den beiden eng zusammengehoerigen Teilsystemen Objekt-Management und Hausverwaltungseinheiten komplettiert. Ringsleben erlaeutert: "Wir haben einen Fachbereich der Objektverwaltung integriert, der zur Zeit rund 2800 Mietvertraege verwaltet."

"Bei der Hardware sind wir zunaecht mit einer Nixdorf-Targon- Maschine eingestiegen", berichtet Juergen Bierekoven, der beim ZSB als DV-Koordinator taetig ist.

Mittlerweile ist das Unix-Programm an den Standorten Berlin, Duesseldorf, Frankfurt und Hamburg installiert. Als Datenbank wird Adabas D von der Darmstaedter Software AG auf HP-9000- Servern eingesetzt. Bierekoven: "Ueber ein X.25-WAN koennen wir auf die anderen Unix-Rechner zugreifen und die Daten fuer regelmaessige Projektberichte zusammenfassen." Mit Adabas D koenne man bequem Server-uebergreifende Datenbankabfragen ausfuehren. Ohne zusaetzliche Software werde beispielsweise von Frankfurt aus auf die Daten des Berliner Servers zugegriffen, um den Stand des Bauprojekts Potsdamer Strasse auf den Bildschirm zu holen. Ein internes Netz sorge ausserdem dafuer, dass Cobau mit allen Servern der Bank kommunizieren koenne. Um sich spezielle Fachinformationen zu holen, greife beispielsweise der Abteilungsrechtsanwalt auf den Server der zentralen Rechtsabteilung zu.

Etwa hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit einem Windows-PC als Front-end. Es ist problemlos moeglich, via ODBC- Schnittstelle Cobau-Daten, die in Adabas D gespeichert sind, in Windows-Applikationen weiterzuverarbeiten. Der umgekehrte Weg, die Dateneingabe, kann gegenwaertig allerdings nur mittels einer Terminalemulation gewaehrleistet werden, die eine Verbindung zwischen der Unix-Oberflaeche und Windows herstellt.

Die Software des ZSB verfuegt ueber zwei wesentliche Schnittstellen zum Zentralsystem der Commerzbank. Einmal zum SAP-System fuer Grossrechner: An dieser Mainframe-Schnittstelle werden im Bereich Objekt-Management die einzelnen Kosten fuer ein Objekt auf die Abteilungen kostenstellenmaessig aufgeteilt und an SAP-RK uebertragen und mittels SAP-RF reguliert. Die zweite Moeglichkeit ist, Zahlungen ueber das "Codat-Verfahren" an das Zahlungssystem der Commerzbank zu uebergeben. In diesem Fall agiert die "Bauabteilung" wie ein externes Unternehmen. Bierekoven: "Beide Komponenten sind wesentlich fuer die Qualitaet des Programms."

"Wir haben mit wenig mehr Personal als in den Anfaengen heute ein bedeutend umfangreicheres Bauvolumen umgesetzt", zeigt sich Ringsleben zufrieden. Obwohl sich das vom ZSB betreute Bauvolumen, auch fuer Konzerngesellschaften, mehr als verdoppelt hat, mussten lediglich 20 Prozent mehr Mitarbeiter eingestellt werden.

Im Jahr 1991 wurde ueber das Programm noch ein Bauvolumen von 170 Millionen Mark abgerechnet. In den Folgejahren stieg es bis zu geschaetzten 360 Millionen Mark (1995) an.

<H4>Datensicherheit grossgeschrieben</H4>

Wo Millionenbetraege bearbeitet und in digitaler Form durch das Netz geschickt werden, wird ein besonderes Augenmerk auf die Datensicherheit gelegt. "Wir muessen nicht auf die Zugriffsorganisation der Datenbank zurueckgreifen", erlaeutert Bierekoven. Es sei noch eine zusaetzliche Schicht ueber die Datenbank-Schnittstelle gelegt worden. Das Programm nutze Adabas D als Datensenke und verfuege ueber eine eigene Zugriffsorganisation. So waere es moeglich, in Cobau selbst bestimmte Masken zu sperren oder die Funktion einzuschraenken.

Der ZSB konnte sich im Unternehmen bislang erfolgreich mit Adabas D auch deshalb durchsetzen, weil die Reaktionszeiten bei Problemen sehr kurz sind. Bierekoven: "Man steht in Kontakt zu den Leuten, die das System auch programmieren und das aktuellste Wissen darueber haben."

"Wir hatten noch nie ernsthafte Probleme", ist Ringsleben nach mehrjaehriger Praxis von "seinem" Kosten-Kontrollsystem ueberzeugt. Kleinere Herausforderungen gab es, wenn sich im Umfeld die Anforderungen aenderten. Dazu zaehle beispielsweise die Einfuehrung einer Mandantenfaehigkeit wie die Umstellung der Postleitzahlen oder von Filialnummern. Ringsleben: "Alle solchen Sachen, die von heute auf morgen auf dem Tisch liegen, konnten wir bisher mit PAI und diesem Programm bewaeltigen."

Kurz & buendig

Ungefaehr ein Drittel aller eigenen oder angemieteten Immobilien der Commerzbank sind immer im Umbau begriffen. Diese Baumassnahmen sollte das neue, "Cobau" genannte System verwalten. Um das Rad nicht wieder neu erfinden zu muessen, entschloss man sich beim dafuer zustaendigen Zentralen Servicebereich Bau, eine Branchenloesung auf die eigenen Beduerfnisse umzumodeln. Mittlerweile ist das Unix- Programm in den Standorten Berlin, Duesseldorf, Frankfurt/Main und Hamburg installiert, und etwa 100 Mitarbeiter arbeiten mit einem Windows-PC als Front-end.

*Harald Lutz ist freier Fachjournalist in Frankfurt.