pdv Personalberatung untersucht SAP-Arbeitsmarkt (Teil 1)

Das Anwendungswissen rangiert vor reinen Informatik-Kenntnissen

28.02.1992

HAMBURG (hk) - Unternehmen, die SAP-Standardsoftware einsetzen, ziehen Betriebswirte den Informatikern vor. Voraussetzung sind allerdings sehr gute Kenntnisse auf einem Anwendungsgebiet. So lautet das Ergebnis einer Studie der pdv Personalberatung, Hamburg, die sich mit der Qualifikation, der Herkunft und dem Einsatz von Spezialisten für Standardsoftware der SAP AG befaßt hat.

Ziel der Studie war es nach pdv-Angaben, Informationen und Erkenntnisse über den SAP-Arbeitsmarkt zu gewinnen, der durch die wachsende Bedeutung der SAP-Software und die dadurch bedingte Nachfrage nach DV-Spezialisten mit SAP-Know-how gekennzeichnet ist.

Die Untersuchung basiert laut pdv auf Befragungen von rund 50 Unternehmen, die SAP-Software im Einsatz haben. Knapp zwei Drittel seien Industrieunternehmen, gut ein Drittel Dienstleistungs- und Medienunternehmen gewesen.

Fast alle (98 Prozent) befragten SAP-Anwender setzen laut pdv das Modul RF (Finanzbuchhaltung) ein. Einen hohen Anteil erreicht mit 78,4 Prozent auch das Modul RA (Anlagenbuchhaltung), gefolgt von RM (Fertigung) mit 68,6 Prozent sowie RK (Kosten- und Leistungsrechnung) mit 62,7 Prozent. Nur etwas mehr als die Hälfte (52,9 Prozent) der befragten Unternehmen arbeiten mit dem Modul RV (Vertrieb) und gut ein Viertel (27,5 Prozent) mit dem Modul RP (Personalwirtschaft).

Sabine Reck und Heinz Seeberger, die Autoren der Studie wollten zunächst wissen, wo und wie sich DV-Profis ihr SAP-Wissen aneignen. An erster Stelle rangiert das Unternehmen SAP selbst. Die zweitwichtigste Trainingsform seien interne Schulungsveranstaltungen im Haus des Anwenders. Persönliche Weiterbildung durch Fachliteratur spiele ebenfalls eine Rolle. Der Einsatz von Lernprogrammen sowie Seminare bei Ausbildungsinstituten und bei Vertriebspartnern würden seltener genutzt.

Neben all diesen Maßnahmen ist gemäß Untersuchung aber das Learning by doing, das Training on the Job unverzichtbar: 78,4 Prozent der Anwenderunternehmen nennen es als üblichen Weg zum SAP-Know-how.

SAP-Know-how ist sehr gefragt

Mehr als die Hälfte der befragten SAP-Anwender haben den Eindruck, daß die Suche nach Mitarbeitern mit SAP-Know-how in letzter Zeit schwieriger geworden sei. Am meisten suchen die Anwender Organisationsprogrammierer: Über 60 Prozent der befragten Unternehmen meldeten hierzu Bedarf an. Mit beträchtlichem Abstand folgten Systemanalytiker und Systembetreuer (beide 19,6 Prozent), wobei die Abgrenzung zwischen Organisationsprogrammierern und Systemanalytikern sehr oft Probleme bereite.

Am gefragtesten sind die Betriebswirte, und zwar besonders für RK (56,9 Prozent) und RF (51,0 Prozent). Fast den gleichen Stellenwert haben praktische Ausbildungen, die von 64,7 Prozent als optimale Voraussetzung angegeben werden. Besonderen Wert auf die praktische Ausbildung legen die suchenden Unternehmen bei RF.

Betriebswirtschaftliche Kenntnisse vorausgesetzt

An dritter Stelle folgten Kandidaten mit einem Hochschulabschluß in Informatik, die von 39,2 Prozent der befragten Firmen genannt werden. Ähnlich wie den Betriebswirten traue man ihnen zu, bei allen aufgeführten sechs SAP-Modulen nützliche Arbeit leisten zu können, am häufigsten würden sie jedoch bei RK und RF als Idealbesetzung angesehen.

Unabhängig von der Grundausbildung und der Studienrichtung erwarten, so die Hamburger Berater, 78,4 Prozent der befragten SAP-Anwender von den neuen Mitarbeitern betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Dies sei nahezu unabhängig davon, welche Module das betreffende Unternehmen einsetze.

Knapp mehr als die Hälfte seien der Meinung, daß die neuen Mitarbeiter zusätzlich zu ihrem SAP-Know-how und ihrer Grundausbildung noch andere Anwendungskenntnisse mitbringen sollten. Dabei werden neben Branchenkenntnissen (zum Beispiel Bausparkassen) auch spezielle Anwendungserfahrungen, wie Buchhaltung, Bilanz, Materialwirtschaft, Logistik, CAD und Dokumentation genannt.

DV-technische Anwenderkenntnisse, etwa mit bestimmten Betriebssystemen (BS2000, MVS) oder systemnaher Software (Datenbanken, Netzsoftware) tauchen als Wünsche ebenso auf wie Projekt-Management und Software-Engineering.

Beratererfahrung sei ebenfalls von großem Nutzen und wird auch von 21,6 Prozent als zusätzliche Qualifikation gewünscht. Besonders die Unternehmen, die die Module RV und RM einsetzen, legten überdurchschnittlichen Wert auf solche Beraterqualität, was mit Durchsetzungsproblemen in den betreffenden Anwendungsbereichen zu tun haben könnte.

Führungspraxis sollten bei 9,8 Prozent der befragten Unternehmen die neuen Mitarbeiter auch mitbringen. Das seien vor allem Unternehmen, die bereits mehr als 30 Mitarbeiter mit SAP-Know-how im Hause und deshalb auch Führungsaufgaben anzubieten haben. Der zweite Teil der Studie, der in der nächsten Ausgabe der CW erscheint, geht unter anderem auf die Programmierkenntnisse und die Stellung des SAP-Spezialisten beim Anwender ein.