Nicht ohne Grund

Darum kostet Apples Schwebe-Tastatur 340 Euro

20.03.2020
Von 
Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
Mindestens 340 Euro kostet das neue Magic Keyboard mit Trackpad, selbst als hartgesottener Apple-Fans ist man da doch etwas irritiert.

Die Produktvorstellungen vom Mittwoch wirkten ja fast wie eine Rabattschlacht: Der Mac Mini wird zum gleichen Preis mit mehr Speicher ausgeliefert, das neue Macbook Air bekommt ein Speicher-Upgrade, ebenso das neue iPad Pro. Das mit Spannung erwartete Magic Keyboard mit Trackpad ist aber ganz sicher kein Schnäppchen. Irritiert doch der Preis für das elegante und innovative Lösung wohl selbst Apple-Freunde: Für die kleinere Version, die mit allen iPad Pro 11-Zoll kompatibel ist, will Apple ab Mai stolze 340 Euro, für die Version für das iPad pro 12,9-Zoll werden sogar 400 Euro fällig – so viel wie für eine Apple Watch. Mancher wird da fragen, ob die Tastatur etwa mit Diamanten besetzt wäre und von Elfen im Feenland erschaffen wurde? Auch der fast schon berüchtigte Spezial-Ständer des neuen Apple-Monitors kommt in Erinnerung.

Die neue Tastatur ist nicht gerade günstig
Die neue Tastatur ist nicht gerade günstig

Wie so oft bei Apple sollte man aber nicht vorschnell urteilen und sich das Produkt etwas näher ansehen – und sich als Apple-Kenner die Frage stellen: Ist der hohe Preis wirklich so überraschend? Hat jemand geglaubt, Apple würde für eine Tastatur inklusive Trackpad nicht mehr verlangen als für die Folio-Tastatur ohne Trackpad? Auch diese Tastatur kostet ab 200 Euro. Den Mehrpreis von 140 Euro ist die neue Tastatur aber vielleicht sehr wohl wert – zumindest für manche Anwender. Sie löst nämlich auf einzigartige Weise mehrere Probleme, die wir seit Jahren bei fast allen verfügbaren Tablet-Tastaturen und Tastaturhüllen beobachten – auch von Apple.

Apples ältere iPad-Tastaturen sind vielleicht die besten iPad-Tastaturhüllen auf dem Markt, sie haben aber doch einige ärgerliche Schwächen: So ist die Positionierung des iPad fest vorgegeben, anders als bei einem Macbook kann man den Neigungswinkel nicht ändern. Erstmals ist mit dem neuen Keyboard eine stufenlose Neigungseinstellung möglich – zwischen 90 bis 130 Grad – beim aktuellen Folio-Modell sind es nur zwei Einstellungsmöglichkeiten. Noch dazu ist hier das iPad etwas erhöht positioniert. Auch das ist ergonomisch ein Gewinn, ist doch bei den meisten Tablet-Tastaturen das iPad einfach zu tief positioniert – von den instabilen Falt- und Stabilisierungs-Systemen mancher Konkurrenten ganz zu schweigen.

Nutzt man die neue Tastatur, „schwebt“ das iPad einige Zentimeter über der Tastatur – fast wie bei einem Notebook und ermöglicht bequemes Arbeiten. Was uns bei Tastaturhüllen schon oft nervte: Das „Anlegen“ der Hüllen ist fast immer zeitaufwendig und fummelig. Bei manchen Billiglösungen von Drittherstellern macht man sich schnell Sorgen um Bildschirm oder Gehäuse, bei der neuen Hülle sorgt – ganz wie beim neuen Pro Display XDR – ein Magnet für simples An- und Ablegen der Hülle, die nebenbei nicht nur Ständer und Tastatur, sondern auch eine vollwertige Schutzhülle ist.

Sind aber 340 Euro nicht viel zu viel? Im Prinzip ja. Will man aber wirklich längere Zeit mit einer iPad-Tastatur arbeiten, etwa acht Stunden Texte verfassen oder unter Zeitdruck Excel-Tabellen ausfüllen – dann lernt man hochwertige Hardware schnell schätzen. Die Qualität von Apples alten iPad-Tastaturen war bereits sehr gut, aber keineswegs perfekt. Als Tastatur nutzt Apple nun aber die aus dem 16-Zoll-Macbook Pro bekannte neue Scheren-Mechanik – die erstklassige Haptik und Zuverlässigkeit bietet, ebenso eine Hintergrundbeleuchtung. Auch die Qualität des Touchpads sollte man nicht unterschätzen – für die von Macbooks verwöhnten Apple-Anwender ist die gute Qualität der Touchpads eine Selbstverständlichkeit. Kennt man aber auch die günstigen und unzuverlässigen Alternativen der Billig-Konkurrenz, zahlt man für zuverlässige Nutzbarkeit gerne einen kleinen Aufpreis.

Es ist aber wohl kein Zufall, dass der Apple-Partner Logitech gestern ebenfalls eine günstige Alternative angekündigt hat, eine neue iPad-Hülle mit Tastatur. Die offenbar eng mit Apple kooperierende Firma bietet damit eine günstige, solide Alternative – ebenfalls mit Trackpad und ebenfalls mit hintergrundbeleuchteten Tasten.

Fazit

Für den Heimanwender, der sein iPad für Netflix und Facebook benutzt, ist die Tastatur zu teuer. Der Profi-Anwender, der die Tastatur intensiv und über Stunden nutzen wird, sollte sich die neue Tastatur aber sehr genau ansehen. (Macwelt)