Arbeitnehmer und Datenschutz

Darf der Chef die E-Mails mitlesen?

27.02.2014
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ein wiederkehrendes Thema vor Gericht: Ist die private Nutzung des Accounts eines Mitarbeiters nicht von vornherein verboten, ist das Einsichtsrecht des Arbeitgebers sehr begrenzt.

Wer kennt das nicht: Während des Urlaubes, einer Kur oder langen Erkrankung möchte ein Arbeitgeber die E-Mails des Mitarbeiters einsehen. In diesem Fall, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Mitglied im VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, muss der Arbeitgeber jedoch einige Regeln berücksichtigen.

Bei einem Verbot der privaten Nutzung kann es dem Arbeitgeber erlaubt sein, die E-Mails der Mitarbeiter einzusehen.
Bei einem Verbot der privaten Nutzung kann es dem Arbeitgeber erlaubt sein, die E-Mails der Mitarbeiter einzusehen.
Foto: Beboy - Fotolia.com

Ist die private Nutzung des Accounts nicht von vornherein verboten, ist es mit dem Einsichtsrecht des Arbeitgebers sehr schwierig. Bei einem Verbot der privaten Nutzung kann es der Arbeitgeber hingegen leichter haben, in die E-Mails einzusehen.

Nach einer Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg darf der Arbeitgeber dann auf E-Mails zugreifen, wenn er sich an die Regeln einer mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung hält und den Datenschutzbeauftragten mit involviert hat.

So gehen Sie am besten vor

Wer also auf den E-Mail-Account eines lange Zeit abwesenden Mitarbeiters zugreifen muss, sollte folgende Spielregeln beachten:

  1. Versuchen Sie zunächst mit dem Mitarbeiter in Kontakt zu treten, damit er einwilligt.

  2. Klären Sie, ob ein Einsichtsrecht sich möglicherweise aus einer Betriebsvereinbarung ergibt.

  3. Prüfen Sie kritisch, ob ein wirklicher Bedarf für die Einsicht besteht.

  4. Informieren Sie den Betriebsrat und einen Datenschutzbeauftragten.

  5. Sichten Sie keine erkennbar privaten Mails sondern ausschließlich geschäftliche E-Mails.

  6. Ziehen Sie nach Möglichkeit den betrieblichen Datenschutzbeauftragten oder ein Betriebsratsmitglied hinzu.

  7. Protokollieren Sie die Öffnung der Mail.

Görzel empfiehlt, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:
Rechtsanwalt Volker Görzel, Hohenstaufenring 57a, 50674 Köln, Tel.: 0221/2921920, E-Mail: goerzel@hms-bg.de, Internet: www.hms-bg.de