Anwenderbericht Genossenschafts-Rechenzentrale Norddeutschland GmbH, Lehrte-Ahlten:

Damit die Milch frisch bleibt: MDT als Vorschaltrechner

08.09.1978

LEHRTE-AHLTEN - Für Molkereien produzierten Service-Rechenzentren bisher sehr oft Quark: Denn da hielt sieh die Milch zumeist länger frisch als die Daten nach denen der Kuhsaft abgerechnet oder wieder vermarktet werden sollte. Gerade für den Tourenplan sind aktuellste Daten notwendig, wenn's aus deutschen Landen frisch auf den Tisch kommen soll. Die Genossenschafts-Rechenzentrale Norddeutschland GmbH (Zentrale in Lehrte-Ahlten) kann davon ein Lied singen: Sie verlor eine Molkerei-Gruppe als Klientel - weil unter anderem das Problem "Auto-Processing" nicht zu lösen war. Nunmehr aber hat die GRZ gemeinsam mit IBM ein Molkerei-Konzept entwickelt, das durch den Einsatz von /32- und /34-Rechnern als Erfassungsterminals bei zeitkritischen Arbeiten dafür garantiert, daß die Milch "kuhwarm" verarbeitet wird.

Rund 1,2 Millionen Mark Umsatz macht die GRZ allein mit Molkereien. Dies ist, gemessen am Gesamt-Umsatz von 41,8 Millionen Mark, ein noch geringer Anteil. Aber das Geschäft mit den 52 betreuten Molkerei-Genossenschaften für die 1977 rund 19,4 Millionen Daten-Positionen verarbeitet worden sind, erscheint ausbaufähig.

Überhaupt, seitdem die GRZ das Kernproblem "Datenerfassung" und "Aktualisierung" der Tourenlisten und LKW-Ladelotsen durch /32-Systeme, die der 370/168 vorgeschaltet wurden, konzeptionell optimiert hat.

Obgleich die GRZ von ihren drei Rechenzentralen Tag für Tag 66 Kleinwagen ausschwärmen läßt, von denen 49 zwischen den Rechenzentren unterwegs sind und 17 Zubringerdienste übernehmen, war dieses "Auto-Processing" für die Molkereien immer unbefriedigender. Einmal blieb ein Wagen im Verkehr hängen, mal streikte ein Vehikel. Für die GRZ blieb am Ende des Jahres die statistische Erkenntnis, daß die 66 Autos pro Tag 24 330 Kilometer abgespult haben und übers Jahr gerechnet rund 2,7 Millionen Mark beim Posten Auto-Processing saldierten.

Allerdings: Als genossenschaftliches Verbundunternehmen muß die GRZ flächendeckend arbeiten. So verbietet sich's von selbst, bloß attraktive Großkunden aus dem Einzugsgebiet herauszupicken und mit denen TP-Dialog zu betreiben. Für kleine GRZ-Kunden ist der Terminal-Verbund mit dem Dienst leistungszentrum ohnehin noch unerschwinglich.

Für die Molkerei-Kunden jedenfalls bislang ein unbefriedigender Zustand: Denn bis dort Lieferscheine geschrieben werden konnten, mußte erst der GRZ-Kurier die Datenträger abholen und sie nach der Auswertung wieder herankamen. Und, nur um die Molkereien bedienen zu können, mußten die Rechenzentren auch an Sonntagen regulär arbeiten, was regelmäßig personelle ProbIeme verursachte.

Dies alles sind nun Schrecken der Vergangenheit. Durch das verbesserte Preis/Leistungsverhältnis (die IBM /32-Rechner sind bis auf einen von den Molkereigenossenschaften gemietet) der MDT und dem Einsatz von Meßuhren in Milchtankwagen und Milch-Annahme-Waagen ist die Datenerfassung an den Ort vorverlegt, an dem die Daten entstehen.

Und so wurde automatisiert:

- Betriebsdatenerfassung bei der Milchannahme durch Meßuhren auf Metallbandkassette

- Erfassung der Meßwerte aus Laborautomaten auf Kassette

- Erfassung der Daten im Verkaufsbereich über MDT-Systeme auf Diskette.

Der besondere Bedarf an Aktualität einer Molkereigenossenschaft wird durch vorgeschaltete, organisatorisch integrierte MDT-Anlagen (IBM /32 und IBM /34) in folgenden Bereichen erfüllt:

- Abwicklung des automatischen Bestellwesens

- Fahrzeugbeschickung (Touren- und Ladelisten)

- Mengennachweise für Betriebsdatenübersicht

- Datenerfassung.

Die MDT-Systeme sind über Wählleitungen mit der IBM /370-168 verbunden, um neben der Datenübermittlung die Rückübertragung von Kurzinformationen (zum Beispiel Fehlerprotokolle und Mengen-Bewegungsnachweise) zu gewährleisten.

Die weitergehenden Auswertungen werden bei der GRZ auf Groß-Systemen ausgeführt. Angeboten werden unter anderem:

- Milchgeldabrechnung

- Verkaufsabrechnung

- Warenbuchhaltung

- Lohn- und Gehaltsabrechnung

- Datenträgeraustausch über Kreditgenossenschaften

- Datenträgeraustausch von Lieferpositionen für Handelsketten (EAN)

So sinnvoll die Kombination von MDT und Großrechner nun erscheint - auch die GRZ muß ständig ihre Kosten-Ansätze überprüfen, um gegenüber ihren Kunden Argumente zu haben, wenn es um die Frage "Autarkie durch MDT" geht. Dies ist bei Molkereien ja von Haus aus ein naheliegendes Thema, weil hier die Betriebsgrößen und auch die an und für sich geringen Datenmengen, die zu verarbeiten sind, keinen allzu großen EDV-Aufwand erwarten Iassen.

Freilich: Die Software-Entwicklungskosten sind nicht zu unterschätzen. Die GRZ meint, daß selbst in größeren Rechenzentren die Programmkosten sehr oft 50 Prozent des Hardware-Kaufpreises ausmachen. Bei "MDT-Anlagen kann dieses Verhältnis noch ungünstiger sein: Hier betragen die Softwarekosten oft zwei Drittel und mehr der gesamten Hardware-Kosten", wird dazu im GRZ-Geschäftsbereich ausgeführt.