Damit das Team richtig funktioniert

09.12.2004
Von David Kremer
Mitarbeiter mit unterschiedlichem Wissen bereichern ein Team. Um unproduktiven Missverständnissen zu begegnen, hat das Fraunhofer-Institut ein Trainingsprogramm entwickelt.

Projektteams bestehen meist aus Mitarbeitern mit unterschiedlichem Wissens- und Erfahrungshintergrund. So finden sich etwa in der Produktentwicklung gemischte Teams, deren Mitglieder unter anderem aus Forschung, Design, Vertrieb oder Controlling stammen. Neben Ingenieuren arbeiten Betriebswirtschaftler, Informatiker, Naturwissenschaftler und andere Spezialisten zusammen. Mit ihrem vielfältigen Wissen soll das Team komplexe Aufgaben lösen können.

Oft klappt das aber nicht. Statt des erhofften Synergieeffekts führen die unterschiedlichen Wissens- und Denkmodelle der Teammitglieder zu abweichenden Sichtweisen und Prioritäten, deren aufwändiger Abgleich die Effizienz der Gruppe senkt. Die Differenzen hinsichtlich der Ziele, Argumentationslogiken und bevorzugten Vorgehensweisen machen es schwer, ein gemeinsames Projektverständnis zu entwickeln. Häufig erleben die Teammitglieder diese Situation wortwörtlich so, als würden sie unterschiedliche Sprachen sprechen. Die Gründe für die Reibungsverluste bleiben den Einzelnen jedoch häufig verborgen - die Gruppe erscheint einfach als schwierig.

Eine gemeinsame Wissensbasis

Wie lassen sich die Heterogenität von Teams nutzen und negative Effekte vermeiden? Ausschlaggebend für das Zusammenführen des Know-hows ist der Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis, eines so genannten Common Ground, der als mentale Grundlage dient, um die Teamaktivitäten gemeinsam auszurichten. Erst wenn die Gruppe eine übereinstimmende Vorstellung von den Zielen und Vorgehensweisen des Projekts erreicht hat, kann sie erfolgreich arbeiten.

Ebenso gilt es, sich über Begriffe, Ansprechpartner und Prozesse zu verständigen, um ein koordiniertes Vorgehen zu ermöglichen. Dann lassen sich die spezifischen Erfahrungen und das Hintergrundwissen der einzelnen Teammitglieder bedarfsgerecht nutzen.

Oft läuft die Entwicklung der gemeinsamen Wissensbasis ungeplant und unbewusst im Rahmen der üblichen Abstimmungsvorgänge im Projekt ab. Das funktioniert aber nur in eingespielten Teams und bei strukturierten Aufgaben. In anspruchsvolleren Situationen ist eine solche passive Wissensintegration nicht ohne Reibungsverluste möglich. Dazu kann auch eine alters-, mentalitäts- oder kulturbedingte Heterogenität des Teams beitragen, die die Unterschiede zwischen den mentalen Modellen der Teammitglieder verstärkt.

Durch aktives Steuern der Wissensintegration können Teams den Aufbau einer gemeinsamen Know-how-Basis vereinfachen und beschleunigen. Aktive Integration verhindert Barrieren, welche sonst die Lösungsfindung im Team erschweren. Ausführende sind dabei immer die Teammitglieder selbst. Sie sind es, die den wechselseitigen Informationsbedarf erkennen und ihr Wissen austauschen müssen. Entsprechend kommt es darauf an, die einzelnen Mitglieder zu einem effizienten Umgang mit der Ressource Wissen zu befähigen.

Dazu haben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) ein verhaltensorientiertes Training entwickelt: das Knowledge Integration Training for Teams (Kitt). Es richtet sich an Teams mit vier bis zwölf Mitgliedern und ist als zweitägiges Seminar konzipiert. Das Programm umfasst sieben Module, deren einzelne Übungen flexibel kombinierbar sind.

Die Lernziele und Inhalte sind auf die typischen Engpässe der Wissensintegration abgestimmt, die in fach- und funktionsgemischten Teams häufig auftreten. Grundlage sind die Ergebnisse eines mehrjährigen Forschungsprojekts, das die Auswirkungen wissensintegrativer Prozesse auf die Effizienz von Entwicklungsteams untersucht hat. In den Forschungsarbeiten wurden sechs Bereiche für die Förderung der Wissensintegration ermittelt, die analog in die ersten sechs Kitt-Trainingsmodule eingeflossen sind. Da das zentrale Ziel des Trainings im Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis besteht, kam als verbindendes siebtes Element das Modul "Grounding" hinzu. Die in diesem Querschnittsmodul enthaltenen Übungen bezwecken die Identifikation, den Abgleich und die Integration der verschiedenartigen Vorstellungen, welche die einzelnen Teammitglieder in die Projektarbeit einbringen.

Das Modul "Knowledge Identification" dient dazu, die im Team versammelten Wissens- und Erfahrungsbereiche abzustecken und für die Teammitglieder erkennbar zu machen. Wichtig ist dabei, dass es nicht darum geht, den Wissensumfang der Teilnehmer abzufragen. Ziel des Moduls ist dagegen, jene Bereiche überblicksartig zu benennen, zu denen im Team Wissen und Erfahrungen vorhanden sind und die für die Lösung der Projektaufgaben benötigt werden.

Ziel des Moduls "Implication & Explication" ist es, den Informations- und Wissensaustausch zwischen den Teammitgliedern zu unterstützen. Dazu zählt das Klären impliziter Vorannahmen, die häufig unbemerkt Meinungsverschiedenheiten auslösen, sowie das Vermitteln von Strategien, welche die verständliche Beschreibung eigener und fremder Vorstellungen unterstützen. Hintergrund für diese Übungen sind Schwierigkeiten, die häufig bei der Darstellung fachspezifischer, abstrakter und/oder komplexer Sachverhalte entstehen und die das gegenseitige Verständnis erschweren.

Das Modul "Perspective Flexibility" ist darauf ausgerichtet, einen Perspektiven- und Argumentationswechsel zu unterstützen. Insbesondere in schwierigen Diskussionen, in denen die gegensätzlichen Meinungen nur aufwändig zu integrieren sind, hilft dieses Modul. In speziellen Übungen können sich die Teilnehmer vom Verteidigungsdruck ihrer eigenen Position lösen und probeweise die Sichtweise anderer Teammitglieder einnehmen.

Wissensaustausch aktiv steuern

Abstrakte Diskussionsinhalte möglichst frühzeitig zu konkretisieren, diesem Ziel dient das Modul "Knowledge Prototyping". Vor allem mit dem Mittel der Visualisierung werden die mentalen Modelle der Teammitglieder sichtbar und damit diskutierbar gemacht. Alternative Vorstellungen werden so objektiviert und können überprüft werden, gleichzeitig werden abstrakte Diskussionen ohne greifbare Ergebnisse vermieden.

Im Mittelpunkt des Moduls "Comprehension Control" steht die Verständnissicherung sowohl für eigene als auch für fremde Informationen. Aus Angst vor Gesichtsverlust nimmt man oft lieber Missverständnisse in Kauf, als sein Nichtwissen zu offenbaren. Die Folge sind aufwändige Nachbesserungen. Comprehension Control stellt Techniken zur Verfügung, welche die Verständnisklärung vereinfachen und erleichtern.

Schließlich zielt das Modul "Integration Coaching" auf zwei weitere Aspekte der Wissensintegration: auf die Rolle des Teamleiters, der durch seine steuernde Funktion den Wissensaustausch im Team fördern kann, und auf die Rolle der Teamkultur. Für Letztere ist der Umgang mit Nichtwissen und Nichtverstehen relevant, aber auch die Vermittlung von Werten und Regeln, die für einen effizienten Umgang mit Wissen wichtig sind. (hk)