Hersteller von CAD-Systemen begibt sich unter Chapter Eleven

Daisy will durch Umorganisation endgüItiges Aus noch abwenden

24.08.1990

SUNNYVALE (CW/IDG) - Als Reaktion auf die Klage mehrer Bondholder, die ein Zwangsverfahren zur Konkursöffnung erreichen wollen, haben die Daisy Systems Corp. und die 100prozentige Tochtergesellschaft Daisy/Cadnetix Inc. (Dasix) am 31. Juli beim zuständigen Gericht in San Jose Schutz durch Chapter eleven beantragt.

Dieser Paragraph des amerikanischen Konkurs-Gesetzes gibt dem Unternehmen ein halbes Jahr Zeit, sich zu reorganisieren, Schulden abzutragen und Vereinbarungen mit den betroffenen Gläubigern zu treffen, die eventuell ein Weiterexistieren ermöglichen oder zumindest ein Konkurs-Verfahren abwenden.

Zur Klage der Bondholders war es gekommen, weil die Verbindlichkeiten des Unternehmens seine Aktiva überstiegen. Hauptposten in der Schuldenliste sind nach Angaben des Unternehmens etwa 40 Millionen Dollar an abgesicherten Krediten und 73 Millionen Dollar an Schuldverschreibungen (Bonds). Wegen der desolaten Finanzlage soll die erst 1988 erworbene Dasix/Cadnetics verkauft werden. Wie ein Firmensprecher mitteilte, ist allerdings nicht damit zu rechnen, daß die Aktionäre bei einem Unternehmensverkauf einen Gegenwert für ihre Aktien erhalten. Mit den Verkaufsverhandlungen wurde die in San Francisco ansässige Investmentfirma McGettigan, Wick&Co. Inc. beauftragt. Nach Angaben von Daisy sind Gespräche mit potentiellen Käufern bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, aber noch nicht abgeschlossen.

Zum Verwalter des Unternehmens wurde Jack S. Kenney bestellt, der von Regent Pacific Management Inc. kommt.

Nicht von den Chapter-eleven-Maßnahmen betroffen sind alle Dasix-Gesellschaften außerhalb der USA. Im Zuge der Neu-Strukturierung der Tochter ist Unternehmensangaben zufolge geplant, eine internationale Gruppe zu gründen, in der die bereits bestehenden Gesellschaften in Europa und Asien sowie die Entwicklungsorganisation zusammengefaßt werden.

Darüber hinaus will das Management des Mutterhauses die US-Organisation völlig neu strukturieren, um der veränderten Aufgabenstellung und den Anforderungen der US-Kunden gerecht werden zu können. Daß viele Daisy-Mitarbeiter im Zuge dieser Maßnahmen ihren Hut nehmen müssen, bestreitet der Hersteller von CAD-Systemen nicht.

Nach Meinung von Insidern war es vor allem die 1988 erfolgte "unfreundliche" Übernahme der Cadnetix Corp. - einem Produzenten von schlüsselfertigen Systemen zur Herstellung von Board-Layouts - die Daisy endgültig das Genick brach. Als man daran ging, beide Unternehmen zu integrieren und alle Daisy-Aktivitäten unter dem Namen Dasix im Stammhaus von Cadnetix zusammenfaßte, den Geschäftssitz der übergeordneten Daisy-Holding aber in Kalifornien beließ, sei der Hersteller von CAD-Workstations bereits geschwächt gewesen. Das Unternehmen hätte es nämlich nicht geschafft, frühzeitig von der eigenen Chip-Architektur und dem proprietären Betriebssystem auf offene Systeme umzusteigen. Die etwa zur gleichen Zeit erfolgte Umstellung auf Systeme von Sun Microsystems, die Daisy unter dem Namen Advansys Series vermarktete, wäre zu spät gekommen.

Der endgültige Niedergang begann Ende vergangenen Jahres, als das Unternehmen einen Verlust von 140 Millionen Dollar ausweisen mußte.

Norman Friedmann, zu diesem Zeitpunkt Chairman und CEO, trat daraufhin zurück. Er wurde von Gary J. Sbona, dem Gründer der Regent Pacific Management Corp., ersetzt, dem man die Lösung der finanziellen Probleme zutraute.

Kurz vor Friedmans Ausscheiden hatte der Hersteller jedoch bereits dem Hauptgläubiger, der Heller Financial Inc., die Bezahlung der fälligen Zinsen und anderer Gebühren verweigert. Im März dieses Jahres folgten Entlassungen: Mehr als hundert der 1000 Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt. Im Mai verloren dann die Gläubiger die Geduld und einige reichten Klage beim Konkurs-Gericht ein.