Eine Frau kann als Chef nicht autoritär sein

Daimler's EDV-Fürstin

13.06.1975

STUTTGART - Dipl.-Ing. Christine Fürstin von Urach (42), Hauptabteilungsleiterin für Organisation und Datenverarbeitung, erklärt: "Ich habe nie krankhaft an meiner Karriere herumgebastelt."

Seit 1959, nach Beendigung ihres Studiums des Allgemeinen Maschinenbaus an der damaligen Technischen Hochschule in Stuttgart, ist Fürstin von Urach für die Daimler Benz AG. tätig; davon 15 Jahre in der Datenverarbeitung. Die bisherigen Stationen Stationen ihrer Karriere: 1964 Gruppenleiterin, 1966 Übernahme einer Stabsstelle in der Abteilung Zentrale EDV (Koordination und Urterstützung der Software-Vorhaben aller EDV-Abteilungen), 1969 Leiterin der Abteilung EDV für das Produktionswerk Untertürkheim (100 Mitarbeiter), seit 1973 Leiterin der Hauptabteilung Organisation und Datenverarbeitung, zuständig für die gesamte kommerzielle Abwicklung und für die Fertigungstechnik (140 Mitarbeiter). Fürstin von Urach ist der Werksleitung direkt unterstellt. Sie sagt: "Ich bin mit meiner derzeitigen Position sehr zufrieden." Ihren Führungsstil bezeichnet sie als kollegial. "Eine Frau kann als Chef nicht autoritär sein."

Ihr EDV-"Lieblingskind" ist die Fertigungssteuerung. Hier sieht sie, hardware- und softwaremäßig, noch große Möglichkeiten der Prozeßrechnerei. 1971 wurde ihr die Verantwortung für ein Großprojekt übertragen: die prozeßrechnergesteuerte Motoren-Montage mit zwei Siemens Prozeßrechnern 305 und 501. Die Programme wurden in Fortran und Assembler geschrieben. Benötigte Manpower: Zehn Mann in der Systementwicklung, zehn Programmierer, ein System-Programmierer waren zwei Jahre beschäftigt. Nachfolgeprojekte, speziell in der Teilefertigung, sind, so Fürstin von Urach, geplant.

Zur Zeit ist sie mit der Planung einer neuen Ablauf- und Struktur-Organisation beschäftigt. "Wir prüfen, welche Verwaltungs-Bereiche rationeller gestaltet werden können, eventuell mit EDV."

Bürgerlich erzogen

Fürstin von Urach arbeitet durchschnittlich neun bis zehn Stunden täglich und findet es nicht ungewöhnlich, wenn eine Angehörige der Hocharistokratie, sie entstammt einer Seitenlinie der Herzöge von Württemberg, engagiert einem bürgerlichen Beruf nachgeht. "Mein Vater", erklärt sie, "war selbst Diplom-Ingenieur, das war für mich Anstoß, auch einen technischen Beruf zu ergreifen." Sie selbst und ihre Schwester, wie auch ein Großteil meiner Verwandtschaft" wurden in einem demokratischen Bewußtsein erzogen, ohne Privatlehrer Lnd onne exklusive Privatschulen.

Auch die Freizeitinteressen der Fürstin von Urach sind eher "bürgerlich": Lesen, Theaterbesuche, Reisen, Autofahren und Schwimmen. Für ihre Mitarbeiter ist die EDV-Fürstin schlicht Frau von Urach.