Bundespostminister entscheidet Lizenzvergabe für digitales Mobilfunknetz

D2-Netz: Mannesmann ergattert Milliarden-Auftrag

15.12.1989

BONN (CW) - Postminister Christian Schwarz-Schilling folgte dem Vorschlag des Lenkungsausschußes und erteilte dem Mannesmann Mobilfunk Konsortium die Betreiber-Lizenz für das D2-Mobilfunk-Netz. Trotz immens hoher Investitionen, die zur Netzbereitstellung notwendig sind, bahnt sich für den privaten Netzbetreiber ein hochprofitables Geschäft an.

In einer eigens anberaumten Pressekonferenz hat der Bundespostminister die Entscheidung selbst bekanntgegeben und erläutert: "Das Konsortium Mannesmann Mobilfunk wird - vorbehaltlich der noch notwendigen Verhandlungen über Einzelheiten der Lizenzbedingungen - die Lizenz für das digitale D2-Netz erhalten, das ab 1991 europaweit aufgebaut wird und in der Bundesrepublik Deutschland mehr als zwei Millionen Teilnehmer aufnehmen kann. Insgesamt weist das Konsortium eine Fachkunde und Leistungsfähigkeit nach, die ohne jede Einschränkung auf den erfolgreichen Aufbau und Betrieb eines flächendeckenden digitalen Mobilfunknetzes schließen läßt."

Im nächsten Jahr werden weitere Lizenzen vergeben

Schwarz-Schilling betonte weiter, daß er als Lizenzgeber im Unterschied zum Lenkungsausschuß, der über die technische, wettbewerbliche und betriebswirtschaftliche Eignung der Bewerber entscheiden sollte, auch gesamtwirtschaftliche Aspekte ordnungs- und strukturpolitischer Art in seine Überlegungen einbezogen habe. Die ,große Ausgewogenheit", die das Mannesmann-Konsortium auch in dieser Hinsicht mitbringe, unterstreiche die Eignung des Kandidaten. So liege der Bewerber bei allen Bewertungskriterien weit über dem Durchschnitt, wobei die technische Planung besonders herausrage. In puncto Leistungsfähigkeit, wo es besonders um die Verfügbarkeit von Grund und Boden geht, schneidet Mannesmann mit über 3000 eigenen Grundstücken gut ab.

Das mittelständische Element findet der Postminister in der Beteiligung der Volks- und Raiffeisenbanken (10 Prozent), den zwei vertretenen Zentralverbänden des Handwerks (jeweils 0,5 Prozent) und den geplanten Vertriebsstrukturen. Mit seiner dezentralen Distributions-Organisation erreiche Mannesmann eine "sehr weite Verteilung der mit dem zweiten Mobilfunkbetreiber geschaffenen Arbeitsplätze". Mehr als 80 Prozent der neuen Jobs sollen in den insgesamt sieben Niederlassungen entstehen.

Schwarz-Schillng tröstete die Verlierer mit dem Hinweis auf weitere Lizenzvergaben im nächsten Jahr und zwar für Bündelfunk-, Funkruf- und Telepoint-Netze. Außerdem stellte er für "später" - sofern weitere Frequenzbänder für den digitalen zellularen Mobilfunk verfügbar werden - ein oder zwei weitere Lizenzen in Aussicht.

Das Sieger-Konsortium setzt sich aus deutschen und europäischen Firmen zusammen. Sein Eigenkapital beläuft sich - inklusive der zwei Millionen Stammkapital - auf 8 Millionen Mark. Am Gesellschaftskapital hält die Mannesmann AG 51 Prozent, die Pacific Telesis Gruppe über die Pacific Telesis Netherlands B.V., Amsterdam, 26, die Deutsche Genossenschaftsbank 10 Prozent, Cable and Wireless Plc., London, bringt es auf 5 Prozent. Das Schlußlicht bildet die Lyonnaise des Eaux, SA, Paris. Von der verbleibenden treuhänderischen Reserve in Höhe von 5,5 Prozent erhalten die Zentralverbände Kraftfahrzeughandwerk und Elektrohandwerk jeweils 0,5 Prozent. Der Bewerber läßt bisher offen, an wen die restlichen 4,5 Prozent Anteile übertragen werden sollen.

Der Vorstandsvorsitzende der Mannesmann AG, Werner H. Dieter, unterstrich die Bedeutung der Lizenz für den Konzern: "Das bringt die von uns verfolgte Strategie der Umstrukturierung und Diversifizierung in eine neue Dimension."

Eigene Studien haben laut Peter Mihatsch, Geschäftsführer der Mannesmann Mobilfunk GmbH, ergeben, "daß die Nachfrage nach Mobilfunkleistungen die bisherigen Erwartungen übertreffen wird". So erwartet das Konsortium etwa zwei Millionen Teilnehmer bis zum Jahr 2000 - schon 1994 soll es etwa 500 000 Mobiltelefonierende geben. Auf diese habe man - besonders mit dem Know-how der Pacific Telesis und der Cable & Wireless - den Netzentwurf ausgerichtet. Zumal ab 1994 etwa 50 Prozent aller verkauften Neugeräte Handtelefone sein werden. Im Endausbau wird das Netz etwa 2075 Basisstationen und 40 Mobilvermittlungsstellen umfassen.

Mannesmann muß vier Milliarden investieren

Nicht nur der Preis für die Endgeräte soll von derzeit 5000 bis 10 000 Mark auf 1500 bis 2000 Mark sinken, auch die monatlichen Gebühren werden von den heute 120 pro Monat auf etwa 90 Mark fallen. Ebenfalls reduzieren wird sich laut Konsortium der Preis pro Nutzungsminute - von 1,73 auf eine Mark.

Den zu erwartenden Einnahmen stehen Investitionen in Höhe von etwa 4,4 Milliarden Mark gegenüber. "Der Schlüssel für die Überwindung des Break-even-points liegt im schnellen Erreichen der Flächendeckung, in einer hinreichenden Anzahl von Teilnehmern und in der lebhaften Nutzung des Mobilfunks." Mobilfunk-Geschäftsführer Mihatsch zeigte sich zuversichtlich - er erwartet den Break-even bereits 1994.