Strittige Lizenzgebühr für Memory-Management-Technologie

Cyrix verklagt Intel wegen Erpressung von OEM-Kunden

20.11.1992

SHERMAN/MÜNCHEN (CW/IDG) - Erpressung ist der jüngste Vorwurf gegen die Intel Corp., erhoben vom Mikroprozessor-Konkurrenten Cyrix Corp.: Mit Lizenzgebühren für eine Speicherverwaltungs-Technologie wolle Intel die Verwendung von Cyrix- und anderen Fremd-Chips durch System-OEMs wesentlich verteuern,

Cyrix, das nach Schätzungen von Analysten zirka fünf Prozent Marktanteil bei 386- und 486-Chips hält, behauptet in der Klageschrift, Intel habe gegenüber seinen eigenen Kunden angekündigt, sie mit 25 Dollar Lizenzgebühr pro verkauftem PC zu belasten, sobald sie den CPU-Lieferanten wechselten.

Ein solches Vorgehen wäre tatsächlich Erpressung, wie Rainer Maute aus dem technischen Marketing der Intel GmbH in München eingestellt. So etwas mache sein Unternehmen nicht. Gleichwohl werde überlegt, wie man geistiges Eigentum - in diesem Fall das "Memory Management for a Microprocessor System", das die CPU mit dem Hauptspeicher verbindet schützen und sich die Verwendung durch Dritte bezahlen lassen könne. Eine Entscheidung darüber sei jedoch noch nicht gefallen.

Maute ging indes auch auf Nachfrage nicht darauf ein, warum Intel die Lizenzgebühren-Frage erst jetzt thematisiere und nicht schon, als die ersten CPU-Clones von Cyrix oder Advanced Micro Devices Inc. (AMD) auf den Markt kamen. Die amerikanische CW-Schwesterzeitung "Electronic News" sieht einen Zusammenhang mit den Chip-Preisen von Cyrix und AMD, die unter denen von Intel liegen.

Die 25 Dollar an Lizenzgebühr würden nämlich den billigsten Prozessor von Cyrix, einen 25-Megahertz-Chip für 75 Dollar, im OEM-Geschäft um ein Drittel verteuern. AMD-Kunden müßten bei Verwendung des 20-Megahertz-Einstiegsmodells für 59 Dollar zusätzlich 42 Prozent an Intel abführen. Vergleichbare Modelle des Originalanbieters wären dann im Effekt nicht mehr teurer oder sogar billiger als die Clones.

TI unterstützt Cyrix bei der Klage

Intel hält nach Schätzung von US-Analysten gegenwärtig drei Viertel des 386- und 486-Marktes, AMD 20 Prozent und Cyrix fünf Prozent. Einbußen hätte neben Cyrix und AMD auch der französische Chip-Hersteller SGS Thomson zu erwarten, der Cyrix-Chips in Lizenz fertigt. Das gleiche gilt für Texas Instruments; das Unternehmen unterstützt daher Cyrix bei der Klage gegen Intel.

Unterdessen erhielt AMD in einem anderen Gerichtsverfahren die Bestätigung, daß man 386-Clones mit Intel-Mikrocode rechtmäßig anbieten dürfe. Ob mit der Verwendung des Intel-Mikrocodes eine Verletzung geistigen Eigentums durch AMD vorliegt, soll gleichwohl erst vor einem kalifornischen Appellationsgericht endgültig entschieden werden. Auf ebenfalls vorläufiger rechtlicher Basis wird AMD zum Jahresende 1992 einen 486-Chip mit Intel-Mikrocode ausliefern, wie das Unternehmen mitteilte.