Schutz nach dem Hackerangriff

Cyberversicherung als neuer KMU-Standard?

05.02.2018
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Peter Lahmann arbeitet seit 2002 in der IT-Sicherheit als Auditor und Berater und betreut heute das Sicherheitsmanagement von Kunden eines namhaften Cloud-Betreibers. Als Autor widmet er sich der Schnittstelle von unternehmerischen Anforderungen, Industriestandards und rechtlichen Rahmenwerken.

IT Security kennt viele Klauseln

Die neuen Versicherungs-Policen für den Cyberraum werfen bei Assekuranzen wie ihren Kunden viele Fragen auf. Der Pool an Vergleichsfällen und Erfahrungswerten zum Thema ist allerdings nicht üppig. Wie abwägbar sind Risiken und Prüfaufwand für die Versicherer? Oder wird das im Kleingedruckten auf die Gegenseite abgewälzt? Was muss die IT alles tun und welche Nachweise sind erforderlich? Wird gar eine komplette Zertifizierung der unternehmensweiten Informationssicherheit nach ISO 27001 verlangt?

Auffällig in den Musterbedingungen für die Cyberversicherung ist der Fokus, der auf Software-Lösungen wie Antivirus, Firewall und Programm-Updates gelegt wird. Mit der Anschaffung solcher Produkte ist die Sache aberbei weitem nicht erledigt. Für die Feinjustierung, Wartung, den Betrieb und Notfallpläne müssen auch die internen Abläufe und die Organisationsstruktur der Versicherten stimmen. Und die der (zunehmend in Anspruch genommenen) Dienstleister.

Ein Beispiel sind privilegierte Zugänge, wo die Prozesse von HR und IT ineinander greifen müssen. Wenn ein Administrator das Unternehmen verlässt, muss dessen Zugang umgehend gesperrt werden. Von Banken verlangt die Bafin ein regelmäßiges Auslesen Ihrer IT nach privilegierten Usern mit anschließenden Abgleich der tatsächlichen Berechtigung.

Schon ein Fake-Anruf als vermeintlicher Geschäftsführer oder eine E-Mail mit gefälschtem Anhang führen kriminelle Hacker oft zum Ziel. Viele Arten von Hackerangriffen haben gemeinsam, dass sie ihre volle Wirkung erst mit Tätigwerden des Angegriffenen entfalten. Bei der zunehmend auftretenden CEO-Fraud-Masche werden gutgläubige Buchhalter dazu veranlasst, Zahlungen anzuweisen. Mit schöner Regelmäßigkeit kommen solche Anweisungen "von ganz oben", sind "eilig" und "geheim".

In den USA lehnte ein Versicherer in einem Fall die Regulierung eines so entstandenen Schadens ab, da die Überweisung freiwillig geleistet worden sei. In einem anderen Fall wurden die Schäden nach einem mehrstufigen Hackerangriff nicht reguliert, weil die Klausel eines direkten Betrugsfalls nicht erfüllt war.

Was ist, wenn das Personal die Gefahren nicht kennt, die beispielsweise durch Social-Engineering-Angriffe drohen? Ist das eine Fahrlässigkeit des Unternehmens und somit die Folgen wie Datenverlust und der Ausfall der IT nicht versichert? Auf der anderen Seite des Spektrums ist die regelmäßige Aufklärung der Angestellten in einigen Cyberversicherungs-Paketen inkludiert.

Viele ähnlich gelagerte Fragen zur IT-Sicherheit im laufenden Betrieb lassen sich stellen: Wie sicher sind die Räume in denen die Server und Sicherungskopien verwahrt werden? Hat der neue Administrator vielleicht schon mal seinen Arbeitgeber betrogen, aber niemand hat Referenzen und polizeiliches Führungszeugnis geprüft? Die Musterbedingungen lassen diese Fragen jedenfalls weitgehend unbeantwortet. Die Anschaffung von Virenschutz- und Firewall-Lösungen alleine, ist in der Praxis jedenfalls nicht geeignet, die Datensicherheit dauerhaft zu gewährleisten.

Welche Cyberversicherungs-Police für welches Unternehmen geeignet ist, kann wie so oft pauschal nicht beantwortet werden. Sicher ist jedoch, dass man sich zu diesem Thema besser vor als nach einem Hackerangriff Gedanken machen sollte. Fakt ist auch, dass viele Konzerne solche Policen bereits in ihr Sicherheitspaket einbauen. Ganz billig kommt ein solcher Schutz allerdings nicht. In den USA werden die Prämien mit 1,2 Prozent des Gesamtumsatzes veranschlagt. In der Gesundheitsvorsorge mit ihren Patienteninformationen steigt dieser Wert bereits auf 2,8 Prozent. (fm)