Satire

CW-Wert

04.10.1996

Kein Zweifel, der Multimedia-Boom hat allerlei Nützliches hervorgebracht: Musikhören bei der Bildschirmarbeit, mehrdimensionales MG-Sperrfeuer auf Nazis, Aliens oder UFOs, Sensorensex für notgeile Cyberfreaks etc. Es gibt aber auch eine - wirklich nur eine einzige - unangenehme Nebenerscheinung: den Müll.

Wir reden hier nicht von den zahllosen CDs, die budgetverwöhnte Marketiers wahllos unters Volk streuen, um die Kunden an Compuserve, AOL oder T-Online zu gewöhnen. Gemeint sind auch nicht die Mousepads, auf denen die freie Wirtschaft von Warsteiner bis Oracle ihre Spuren hinterläßt. Die Rede ist von einem Phänomen, das ausschließlich die Journaille betrifft: die tagtäglich eintrudelnden Presseinformationen.

Der Multimedia-Müll (MMM) quillt aus allen Ecken - urteilen Sie selbst: Ein Anbieter, zu seinem Schutz lassen wir ihn ungenannt, präsentiert uns den "All-around-and-everywhere-sound-of-the-year". Wozu derselbe gut ist? "Die virtuelle Raumszenerie eines 3D-Spiels wird ganzheitlich erlebbar", lesen wir ungläubig.

Seitdem die großen Verlage Blut geleckt haben - und deren Vertriebsmaschinerie läuft bekanntlich wie geschmiert - sind wir Pressefuzzis gezwungen, jeden Tag die wichtige Post von Broschüren über CD-Neuerscheinungen wie "Wohn- und Einrichtungsplaner 2.0" oder "Die 70 wirksamsten Gebete" zu trennen. In der Tat: Mülltrennung hat in Deutschlands Redaktionen einen völlig neuen Sinn bekommen.