Satire

CW-Wert

19.11.1998

Laßt uns saufen, spielen, huren - die Apokalypse naht! Der geneigte Leser wird sich fragen, was uns zu einem solch deftigen Einstieg in einen Artikel verleitet. Texte zum Jahr-2000-Problem beginnen normalerweise mit rhetorischen Punktlandungen wie: "Am 1. Januar 2000 gehen die Lichter aus" oder "Lufthansa bleibt am Boden".

Wir aber wollen saufen, spielen, huren, weil wir die Ungewißheit nicht mehr ertragen. Werden wir am 1. Januar 2000 von Atombomben aus sozialistischen Altbeständen ausradiert, eingedampft, weggeputzt? Schmunzeln Sie nicht, britische Wissenschaftler forderten kürzlich die Russen zu einem einstweiligen Atombombenverzicht auf.

Was zum Kuckuck passiert am 1.1.2000? Wenn uns schon nicht die heißen Strahlen kondensieren, räumen dann irregeleitete Hubschrauber, Flugzeuge, Raketen den Globus weiträumig? Soviel ist sicher, der Zorn des Herrn wird uns treffen - vermutlich von oben. Vielleicht kommt Meister Tod aber auch von der Seite, etwa wenn die Ampel-Anlage allen gleichzeitig Grün zeigt oder sich die Fahrstuhltür für immer hinter uns schließt.

Schade, zu gerne würden wir die Tageszeitung vom 2. Januar 00 lesen. Aber wir haben ja die Marktforschung. IDC, Gartner & Co. werden uns kurz vor Toresschluß mit gewohnt hoher Treffsicherheit darüber aufklären, in welchem Zustand wir den Planeten verlassen werden. Zerbröselt, aufgelöst, erfroren, verhungert, verbrannt. Wenigstens müssen wir nie wieder eine November-Depression erleiden.