Satire

CW-Wert

10.04.1998

Die griechische Lyrikerin Sappho spricht gerne vom "gliederschüttelnden Eros", der seine ja oft recht willigen Opfer buchstäblich zu Boden zu zwingen vermag. Ähnliches scheint einem aus Zeitungen bekannten jüngeren Paar zu widerfahren: Eine blonde, kniende Frau schaut auf den Teppich. Hinter ihr hockt ein schwarzhaariger Mann. Beide sind nackt. In einer anderen Version sitzt die Frau dem Mann auf dem Schoß. Kann man alles verstehen, bloß der Begleittext irritiert: Vom "Notebook" handelt er, vom "NT-Server" und vom "High End Powercluster". Sind das Gründe, um sich auszuziehen?

Die meisten Menschen möchten wir ohne Kleider lieber nicht sehen. Warum geht die Bull AG das Risiko ein, uns abzuschrecken? Nun, es gibt zweierlei Bildwerbung. Die einfachere betrifft Güter, die sowieso jeder will: Für einen Lottosechser kann man praktisch mit allem werben, eventuell sogar mit einem High End Powercluster. Härter gefordert sind die sogenannten Kreativen, wenn sie etwas anpreisen sollen, dessen Gebrauchswert sich nur mühsam erschließt oder das keinen hat. Fast niemand, der schon einmal mit "innovativen Produkten" und "umfangreichen Services" befaßt war, möchte diese Erfahrung wiederholen. Nur ziemlich spezielle Leute finden Freude daran, hinter einem NT-Server zu knien. Den anderen muß suggeriert werden, sie erhielten zum Trost für die "modernen Lösungen" wenigstens ein schwarzes oder blondes Add-on.

Die Alternative zu derartigem Locken ist das Drohen. So übt der Fotograf von Cap Gemini starken Druck aus: Wer nichts kauft, muß mit vier nackten Bergsteigern rechnen.