Satire

CW-Wert

27.02.1998

Selbst das Provinzblättchen mit dreistelliger Auflage bleut seinen Lesern ein, wie unermeßlich die Informationsvielfalt im Internet doch sei. Was immer das Surfer-Herz begehrt, irgendwo in den Weiten des Netzes findet sich garantiert ein Content Provider, neudeutsch gesprochen.

Neulich suchte ich Inhalte der harten Sorte. Genaugenommen ein hölzernes Klettergerüst für den Nachwuchs. Eine Suchmaschine wies den Weg zur Heimatseite eines Holzbaumarktes für Haus und Garten. Schon nach wenigen Zeilen kannte ich die Eckdaten des Spielzeugs. GS-geprüft sei es, und "für weitere Informationen fordern Sie bitte den Prospekt von unseren Händlern an". Nur einen Mausklick entfernt das Händlerverzeichnis.

Von wegen plumpe Händlerliste! Interaktion ist angesagt. Einfach die Postleitzahl des Wohnorts angeben, und in Sekundenbruchteilen füllt sich das Grau des Browsers mit Firmennamen und Telefonnummern. Mediumbruch. Ich griff zum Telefonhörer, um Electronic Commerce alten Stils zu betreiben. Dabei erwischte ich den Händler ganz oben auf der Liste, und zwar auf dem falschen Fuß. Nach der fünften Weitervermittlung sprach schließlich der Chef persönlich. Von einem Prospekt der betreffenden Firma sei ihm nichts bekannt, und "woher wissen Sie überhaupt davon. Aus dem Internet? Da stehen wir drin?" Wieder war ein armes Opfer quasi ohne Vorwarnung in das Online-Universum hinauskatapultiert worden und irrt nun hilflos darin herum.