Satire

CW-Wert

30.04.1999

Alles, was Spaß macht, ist gefährlich." Die meisten Menschen stimmen dieser Aussage spontan zu. Schließlich hält sich jeder gerne für mutig. Essen, Trinken, an Lafontaine denken und mit der Raucherlunge öffentlich Mundharmonika blasen, das alles ist eben noch viel schöner, wenn man sich dabei für Charles Bronson halten kann. Zur zeitgemäßen Risikofreude hochstilisiert wurde neben Inline-Skaten auf Fahrradwegen und dem Pauschalurlaub in Goa nun auch das Surfen im World Wide Web. Dort lauern bekanntlich an jeder virtuellen Ecke reale Gefahren: Schmuddelige Porno-Anbieter torpedieren das öffentliche Schamgegefühl (siehe: www. search_yourself.com), falsche Priester nehmen die Beichte ab, skrupellose Geldhaie locken mit unseriösen Investment-Angeboten. Neuerdings sollen im Netz der Netze sogar Kidnapper ihr Unwesen treiben. Elisabeth Law- rence aus dem kanadischen Halifax hatte dem zuständigen Staatsanwalt erklärt, von einem gewissen James Gunter entführt und sechs Wochen festgehalten worden zu sein, nachdem sie von ihm im Chatroom eines Star-Wars-Fanclubs kontaktiert worden sei. Der Staatsanwalt, wahrscheinlich ganz besoffen von den PR-Möglichkeiten, die ihm diese neue Kategorie des Bösen eröffnete, erhob daraufhin Anklage gegen den Mann. Derweil erzählte Lawrence ihren Chat-Freunden, daß Gunter nicht ihr Entführer, sondern ihr Liebhaber gewesen sei, mit dem sie die sechs Wochen äußerst freiwillig verbracht habe.