Satire

CW-Wert

03.11.2000

Was ist Software? Über diese Grundfrage des Lebens sinnieren Millionen von Usern immer wieder nach, so lange ihr Rechner nach einem Absturz wieder hochfährt. Beantwortet hat sie nun, in Vertretung des gefürchtet dunklen Orakels von Delphi, Sun-Chef Scott McNealy: "Software ist ein Feature und keine Industrie; oder wann haben Sie zuletzt ein neues Programm für Ihren linken Blinker gekauft?" Prompt schleuderte Microsoft-Chef Steve Ballmer wütende Blitze vom Software-Olymp: "Etwas Absurderes habe ich nie gehört. Diese Sicht der Dinge leugnet die Bedeutung von End-Usern und Entwicklern. Grund genug, sich von Sun fern zu halten." Ist nicht schon allein der Erfolg von Microsoft ein stechender Beweis dafür, dass Software nichts anderes sein kann als eine Industrie?

Aber war Microsoft überhaupt gemeint, schließlich werden in Redmond bislang keine Anwendungen für Blinker entwickelt - oder doch? Drohen doch heute alle Anbieter damit, Software quasi überallhin, also auch ins Auto, zu implementieren oder per Internet anzuliefern: fatal error everywhere. Abstürze im Auto können allerdings dramatische Folgen haben, wenn das geschäftliche Interesse (Industrie) vor der stabilen Funktion (Feature) rangiert. Hat das Orakel darauf anspielen wollen? Nein - McNealy möchte sich vor allem als Hardware- und Infrastrukturlieferant für das Internet andienen. Da gehört es zum Marketing, die Software in ihre Schranken zu weisen - aus Versehen diesmal zu Recht.