Satire

CW-Wert

01.09.2000

Die Post geht an die Börse. Wir raten, diese Aktie zu zeichnen. Das Marktumfeld für Logistikunternehmen ist prima, und die Post hat eine absolut dominierende Position. Außerdem tummeln sich in der Marketing-Abteilung kreative Köpfe, die Tag für Tag neue Dinge erfinden.

"P-Aktie" - wer darauf kam, hätte eigentlich das schwarze Posthorn am Bande verdient. Der Name ist praktisch schon eingeführt - man hätte nur noch Sorge tragen müssen, dass der Kunde am Schalter nicht das falsche Papier kauft. Warum sich die Telekom eingemischt hat, bleibt ein Rätsel der neueren Wirtschaftsgeschichte. Die abgetauchte T-Aktie hätte von dem Brimborium um den gelben Halbbruder nur profitieren können. Gott sei Dank sind die Postler noch einmal in sich gegangen und haben in einer Nacht-und-Nebel-Aktion - quasi als stünden sie unter Strom - die "gelbe Aktie" erfunden.

Das schöne an den Post-Aktien ist, dass man sie einfach so kaufen kann, ohne sich zu informieren, genauso wie - sagen wir - eine Tüte Haribo-Konfekt. Oder verstehen Sie die Werbung der Gebrüder Gottschalk anders? Auch das Telekom-Papier konnte man einfach so kaufen, in drei Tranchen sogar. Gewinn garantiert. Man braucht nur etwas Geduld...

Übrigens: Wer P-Aktien besitzt, hat selbst Einfluss auf den Shareholder-Value. Beispielsweise kann man dem Postboten das Schäferstündchen verweigern, seinen Terrier anleinen, Werbesendungen in jeder Form anfordern und möglichst viel bei Amazon. com bestellen. T-Aktionäre haben es schwerer: Gegen den Preisverfall kann niemand antelefonieren.