Satire

CW-Wert

09.06.2000

Nicht alles, was sich "New Economy" nennt, ist auch wirklich neu. Den dümmsten anzunehmenden Investor (DAI) beispielsweise gab es schon zu Zeiten, als noch das Kurs-Gewinn-Verhältnis mit harter Hand über die Bilanzenlandschaft herrschte. Lediglich der Investitionsfokus hat sich neuerdings geändert: Der moderne DAI, so lernen wir, findet sich im Umfeld von Internet-Startups. Dort pflanzt er sein Geld in der Hoffnung auf eine n-stellige Rendite, wird jedoch bei der Aussaat manchmal durch die tief stehende Sonne geblendet.

Einen wunderschönen Pflanzgrund bot Michael Fenne alias David Stanley alias Pixelon.com an. Er trieb 30 Millionen Dollar auf und versprach: "Ich schaffe eine Firma in Kalifornien (sexy!), die mit einer neuen Technologie (sexy!) Vollbild-Videostreams (sexy!) über das Web sendet (supersexy!). Und nun mal her mit den Mäusen." Zum Zeichen, dass er es ernst meinte, organisierte Fenne eine Kick-off-Party für 16 Millionen Dollar, denn nur Lumpen sind bescheiden. Dort zelebrierte die Band "The Who" ihre persönliche Wiedervereinigung, und auch das Buffet soll kein Schmutz gewesen sein. Wenn Sie jetzt spontan denken: "Da muss doch ein Haken dran sein", sind Sie zumindest kein DAI.

Fenne sitzt inzwischen in Virginia im Gefängnis. Als "Sohn eines Predigers" hatte er während der 80er Jahre viel Gefühl für n-stellige Renditen erkennen lassen und rund 1,5 Millionen Dollar veruntreut - von Senioren (gar nicht sexy!). Daraufhin wurde er festgenommen und floh. Ganz die alte Schule der "Old Economy" eben.