Satire

CW-Wert

17.03.2000

Die Wut der Demonstranten hatte sich über Monate hinweg angestaut. Stein des permanten Anstoßes war die rasante Entwicklung des Internet-Angebots. "Früher machten sich die Frauen hübsch, um einkaufen zu gehen; heute bestellen sie ihre Lebensmittel online - mit Lockenwicklern und völlig ohne Make-up", schimpfte ein Drogeriebesitzer. "Die Leute verbringen immer mehr Zeit zu Hause am PC - ungewaschen, unrasiert, ungeschminkt", pflichtete ihm eine Parfümerieverkäuferin bei, "so verlieren wir 20 Prozent vom Umsatz."

Das Fass war übergelaufen, als die Demokraten bei den Vorwahlen zur Nationalversammlung erstmals die Stimmabgabe via Internet ermöglichten. "Unverschämtheit", ereiferte sich eine Wasserstoffblonde mit bonbonrosa lackierten Fingernägeln. "Demnächst werden wir noch durch ein virtuelles Parlament regiert - vom Home-Office aus."

Das sei nun mal der Fortschritt, wandte ein Passant ein. "Fortschritt!" kreischte die Demonstrantin. "Schluss mit der Schlamperei im Privatleben! Bildtelefone für alle, Web-Kameras 24 Stunden live - das nenne ich Fortschritt."