Satire

CW-Wert

25.10.2002

1. Aufzug, 1. Szene: Opulent eingerichtetes Büro eines Unternehmens-Tycoons. Graumelierter Firmenlenker im Lederfauteuil. Klassisch-moderner Edelzwirn. Ihm gegenüber im modisch-eleganten schwarzen Hosenanzug, Pumps, seine schwarzhaarige Assistentin. Frischer, natürlicher Teint. Amerikanisch-legerer Ton.

"Britta, ich lese da gerade in der Zeitung, dass unsere Entwicklungsabteilung in New York ein neues Handy vorgestellt hat - angeblich völlig neue Technologie?"

"Ach Cassi (Kurzform von Cassius, Anm. d. Red.), das sind erstmal nur Testsysteme."

"Testsysteme? Ich kann mich nicht erinnern..."

"Na ja, du weißt doch, diese UMTS-Entwicklung...."

"UMTS? Was wir vor fünf, sieben Jahren, groß angekündigt haben? Und da haben wir jetzt schon erste Testsysteme...?"

Britta: "Na ja, es sind aber wirklich auch erstmal nur Testsysteme. Und wer weiß, ob UMTS..."

Cassi wohlmeinend lächelnd: "Na na, immer noch die kleine Cunc-tatrix, immer noch zaudern, wo doch das große Ganze gefragt ist. Lass mal, Britta, in spätestens drei Jahren setzen wir uns mit UMTS an die Spitze der Technologiebewegung, wirst schon sehen."

1. Aufzug, 2. Szene: Zehn Jahre später. Pressekonferenz. Cassi, mittlerweile etwas gebeugt, schlohweißer Schopf, am Rednerpult. Britta, nachgetönte Haare, flache Gesundheitsschuhe, wadenlanger grauer Rock, Bittermandel-Makeup, teilt Pressematerial an Journalisten aus. Die übertragen die Rede von Cassius per 100-Gigabit-Ultra-Frequency-No-limits-Ubiquitous-Handies direkt in die Verlage und das Redaktionssystem: "...und glauben wir mit einigem Selbstbewusstsein sagen zu können, dass wir mit unseren heute erstmals der Weltöffentlichkeit präsentierten UMTS-Handies die Technologie vorgeben werden, die uns im Zeitalter des universalen Globalismus neue Märkte erschließt...". Stimme blendet langsam aus.