Satire

CW-Wert

09.08.2002

"Schreiben Sie doch endlich mal wieder etwas Positives", forderte uns kürzlich ein hochrangiger Manager eines nicht ganz unwichtigen IT-Herstellers auf.

Die vielen schlechten Nachrichten über die Branche wolle doch niemand mehr hören, man werde ja regelrecht depressiv davon. Den Hinweis, dass wir ja eigentlich gerne wollten, aber sich seit Monaten schon selbst bei hingebungsvollster Suche nur ganz selten positive Nachrichten finden lassen, ließ er einfach nicht gelten. "Es geht doch nicht um Tatsachen, sondern um die Stimmung. Wenn die gut ist, dann laufen auch die Geschäfte wieder." Aha.

Bis auf den etwas laxen Umgang mit der Wahrheit und die damit einhergehende totale Zerstörung des journalistischen Selbstverständnisses klang die Argumentation des Mannes gar nicht so abwegig. Aber lässt sich - nur so als Gedankenspiel - eine ganze Branche gesundschreiben? Wer und wie viele Leute müssten die positiven Berichte glauben, damit sich die Stimmung aufhellt? Müssten genau so viele und über so lange Zeit hinweg geschrieben werden wie über den Boom des Internets? Pi mal Daumen zwei bis drei Jahre hat es gedauert, bis die kollektive Euphorie ihren Höhepunkt erreicht hatte. Und nicht nur Fachmedien haben darüber geschrieben, sondern Wirtschaftsmagazine, und die Yellow Press. Selbst im Fernsehen liefen Startup-Magazine, die positive Internet-Stimmung verbreiteten.

Für eine solch fabelhafte Stimmungsaufhellung bräuchte man dieses Mal schon eine ganze Menge Schreiberlinge, jede Menge PCs und Laptops - schließlich muss aus allen Lebenslagen über die gute Stimmung berichtet werden -, Druckmaschinen, zusätzlich Flachbildschirme und vielleicht auch noch die eine oder andere Software, die das Bauen absturzsicherer Luftschlösser automatisiert. Vermutlich müsste also so viel in die Stimmungsmache investiert werden, dass es der IT-Branche dann tatsächlich wieder gut ginge. Noch Fragen?