Satire

CW-Wert

31.05.2002

In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts haben wir die Japaner belächelt, die ohne mit der Wimper zu zucken, westliche Technolgie kopierten.

Doch das Grinsen gefror auf unseren Mienen, als sich diese schamlosen Kopisten mit ihren überlegenen Produktions- und raffinierten Marketingmethoden (günstige Preise, wie unfair!) anschickten, den hiesigen Automobilproduzenten das Wasser abzugraben. Überhaupt stehen uns Spott und Hochmut schlecht zu Gesicht: Genau genommen ist doch alles, was wir für unsere Errungenschaft halten, nur eine Imitation der Schöpfung, deren Verursacher wir nur deshalb verschweigen dürfen, weil er noch nie mit einer Copyright-Klage an uns herangetreten ist. Nicht einmal die Künstler, die den Begriff "Kreativität" für sich reklamieren, kommen ohne die Vorbilder der Natur aus. So haben die klassischen und romantischen Komponisten immer wieder gern die Melodien einheimischer Singvögel in ihre Werke eingebaut. Doch jetzt schlägt die Natur zurück: Jüngsten Forschungen zufolge imitieren die gefiederten Bewohner der Lüfte über unseren Ballungsräumen neuerdings die Klingeltöne von Mobiltelefonen. Nehmen wir einmal an, dies (und nicht das Gegenteil) entspricht der Wahrheit. Dann erscheint es uns plötzlich ganz logisch, dass Pop-Sängerinnen und -Sänger immer häufiger so klingen, als kämen ihre Stimmen aus dem Telefonhörer, oder dass 17-jährige Kindfrauen plötzlich eine Oberweite wie die Computerspiel-Heroine Lara Croft vor sich herschieben. Hoffen wir bloß, dass unser Rauhhaardackel nicht plötzlich in ruckartige Bewegungen verfällt! Schließlich hat der Nachbarsjunge zu Weihnachten einen "Aibo" bekommen.