Satire

CW-Wert

03.10.2003

Wer diesen Sommer in San Francisco war, dem mussten überall zerzauste Gestalten begegnen, die handschriftlich über ihr Elend auf einem Pappkarton informieren, mit dem Plastikbecher voller Münzen klimpern, schimpfen, lallen und einen bis zur nächsten Ampel verfolgen.

Doch ihre Misere interessiert keinen mehr: Zumindest die amerikanischen Touristen in ihren weißen Turnschuhen spazieren routiniert weiter. In den Zeitungen beklagt man lieber den Strommangel und Waldbrände oder diskutiert, ob denn nun Senator-Kandidat "Arnie" Schwarzenegger früher wirklich Gruppensex betrieben hat oder ob das bloße Angabe von ihm war. Kalifornien: Land der "Fruits and Nuts", Highway No.1, Sitz der IT-Konzerne, was ist nur aus dir geworden?

Aber vielleicht wird ja alles irgendwann wieder besser, hier am Rande des Silicon Valley. Vielleicht haben ja Firmenlenker wie Sun-Boss Scott McNealy eine Idee, wie man die Wirtschaft ankurbeln könnte. Doch der ist schlecht gelaunt, schimpft auf der Kundenveranstaltung "Sun Network" über die Presse und behauptet - trotz acht schlechter Quartale - dass es dem Unternehmen immer besser gehe. Rivale Steve Ballmer ist da anders. Der arbeitet zwar nicht in Kalifornien, kommt aber öfter auf Besuch und stellt sich der Realität: So gestand er neulich vor Geschäftleuten des Churchill Clubs in Santa Clara, dass er sich nach all den Virusattacken gegen Microsofts Produkte "furchtbar und elend" fühle. Er sei deshalb der Ansicht, dass man sicherere Software brauche, um Diebe, Terroristen und Hacker abzuwehren. Auf solche Einsichten hat man im darbenden Kalifornien sicher gewartet.