Satire

CW-Wert

19.09.2003

Gerade erst haben wir den Tag der deutschen Sprache begangen. Uns Journalisten, laut Schopenhauer "Sudler und Zeitungsschreiber", kann dieser Tag nicht gleichgültig sein.

Im steten Bemühen, unseren Leser nicht nur zu informieren, sondern auch zu unterhalten ("Muss denn CW-Lektüre Kärrnerarbeit sein?"), schielen wir natürlich immer auch auf abseitige Themenfelder. Kann man sich dort doch häufig Anstösse für eigenes Sprachwirken abschauen.

Vergangene Woche räsonnierten wir ja bereits über Scheiß, Dreck und Käse. Okay, das war etwas populistisch, bedienten wir doch die eher vulgär-semantisch orientierten Bevölkerungsschichten. Die begeisterten Zuschriften bestätigten uns aber, auf dem rechten Pfad zu sein.

Würden wir hingegen Anleihen aus der gehobenen Gastroszene machen, böte sich folgende Variation an: Linux vom Suse an Desktop auf Großrechnertopologie. Zugegeben, wir parlieren hier mit abgespreiztem, kleinen Finger. Aber irgendwie schick würde es sich anhören - zumindest für die Gourmets unter unseren CIOs.

Rekurrierten wir auf die Fashion-People, fassten wir unsere floralen Texte so ab: die Glamour-Vision der bevorstehenden PC-Saison wird uns surprisen mit dem Flash-Look märchenhafter Flachbildschirme. Das ist authentischer Biglook mit dezent akzentuierten USB-Applikationen an (sorry!) lebendiger Backoptik.

Dann die jungen Leser! Wir müssten auch den Nachwuchs ansprechen, gellt es uns aus der betriebswirtschaftlich orientierten Chefetage ständig entgegen! Erst ratlos, half uns linguistisch schließlich ein eher schon mittelalterlicher Kollege auf die Sprünge: "Mann, dieser Router, der flasht doch voll fett und endgeil bis der Arzt kommt! Jeder Superchecker in einer der abgelosten IT-Abteilungen kriegt doch da den endkrassen Abgang bei so viel steiler Funktionalität!"

Okay, wir müssen noch ein bißchen üben. Aber wetten, mit diesen sprachlichen Unique Selling Points pitchen wir jeden Leser lifestylemäßig als Abonnenten?