Satire

CW-Wert

23.04.2004

"Frühling lässt sein blaues Band/Wieder flattern durch die Lüfte,/Süße, wohlbekannte Düfte/Streifen ahnungsvoll das Land."

Was uns da in der vergangenen Woche ahnungsvoll in die Nase stieg, war der Duft von frischen Quartalsberichten. Nur wenige rochen streng, viele jedoch erinnerten an Szenen aus der Kindheit, gedeckten Apfelkuchen von Muttern oder den Pfeifentabak des Vaters ("Mac Baren Plum Cake"). Ein wohliges Gefühl der Geborgenheit entströmte den ausgedruckten PDF-Dateien, die Zahlen glänzten schwarz auf lichtem Grund. Schöne Zahlen, oft größer und schwärzer als erwartet.

Es ist die Zeit des Neuanfangs in der IT-Branche nach Jahren der Depression, Wintern der Rezession und der Sinnkrise. Nun, da es wieder aufwärts geht, darf man schon mal den alten Mörike zitieren, ohne sich gleich für den unterschwelligen Optimismus in seinen Zeilen zu schämen. Aufbruch, Neuanfang, Re-Boot - manchmal dauert es eben ein Weilchen, bis die Kiste wieder läuft.

Bleibt die Frage, wie wir uns die IT-Szene in fünf Jahren vorstellen müssen: Eine "reife Branche" sei sie; das klingt nur wenig unterhaltsam, ähnlich spannend vielleicht wie die öffentliche Hand oder die Futterrübenzucht. Was fehlt zum Glück ist der Duft der Innovation, neuartiger Konzepte und Denkansätze. Druckerschwärze in Quartalsberichten, und sei sie auch noch so schwarz, ist nur der Nährboden, auf dem eines Tages die frischen Frühlingsboten wachsen. Innovationen müssen her, damit wir mit Mörikes Worten getrost zum Aufschwung sagen können: Er ist''s.

"Veilchen träumen schon,/Wollen balde kommen./Horch, von fern ein leiser Harfenton!/Frühling, ja du bist''s!/Dich hab ich vernommen!"