Zurückgekehrter Firmemgründer schwingt den eisernen Besen

Cullinet: Mit Entlassungen gegen rote Zahlen

06.05.1988

WESTWOOD/WIESBADEN (qua) - Um fast ein Sechstel wird die Cullinet Software Inc. die Zahl ihrer Mitarbeiter verringern, Firmengründer John Cullinane, der kürzlich erst wieder die Zügel in die Hand nahm, entschloß sich jetzt zu dieser Radikalkur, um das Unternehmen zurück In die schwarzen Zahlen zu bringen.

Wie Hans Duve, Geschäftsführer der Cullinet Deutschland GmbH, Wiesbaden, bestätigt, wird die weltweit etwa 2500 Mitglieder zählende Cullinet-Belegschaft in Kürze 350 bis 400 Köpfe weniger zählen. Allerdings beträfen die Entlassungen ausschließlich die Konzernmutter in Westwood/Massachusetts. Die Personalreduzierung umfasse alle Unternehmensbereiche. Ferner sei geplant, die Forschungs- und Entwicklungskosten, die derzeit ungefähr 28 Prozent des Umsatzes ausmachen, auf etwa 15 Prozent zu senken.

Darüber hinaus ist Cullinet im Begriff, so Duve , zwei der in den vergangenen Jahren akquirierten Unternehmen wieder zu veräußern. Für die PCI Inc. habe sich bereits ein Käufer - die Digital Planners Inc. gefunden. Bezüglich der CSI Inc. konnte Duve noch keine konkreten Angaben machen, sicher sei jedoch, daß auch diese Cullinet-Tochter zum Verkauf stehe. Zwischen 100 und 120 der ausscheidenden Mitarbeiter seien im PCI- beziehungsweise CSI-Bereich tätig und würden von den Käuferfirmen übernommen.

Auf die Frage, worin er die Ursachen für die mangelnde Portabilität von Cullinet sehe, führte Duve zwei Gründe ins Feld: Zum einen sei das Unternehmen 1986 sehr stark expandiert, was zu einem schnellen Anstieg der Mitarbeiterzahlen mit Doppelbesetzungen von Positionen geführt habe; zum anderen zöge die Ankündigung des IBM-Produkts DB2 einen Stillstand im DBMS-Geschäft nach sich, was dem gerade auf diesem Gebiet besonders engagierten Softwarehersteller durchaus zu schaffen mache.

Mittlerweile, freut sich der deutsche Geschäftsführer, sei diese negative Entwicklung gestoppt. DB2 sei nämlich keineswegs perfekt. Daran ändere auch die Version 2 des IBM-Produkts nichts. Duve: "Es gibt schließlich immer noch kein Data-Dictionary."

Seit der Rückkehr des Firmengründers Cullinane haben sich auch im oberen Management der US-Zentrale einige Veränderungen vollzogen. So verließ David Litwack, zuletzt Executive Vice-President Systems Produkts und als langjähriger Cullinet-Mitarbeiter maßgeblich an der Entwicklung des 4GL-Produkts ADS/Online sowie des auch relationalen Datenbank-Management-Systems IDMS/SQL beteiligt, das Unternehmen.

Ein anderer Cullinet-Veteran, Donald Heitzmann, übernahm hingegen den Bereich Datenbank- und Datenkommunikations-Produkte. Zum Vice-President Tool-Entwicklung wurde Ron Zambonini ernannt, der 1987 im Zuge der Akquisition von Applied Development in das Unternehmen kam und die Entwicklung des Anwendungs-Generators Knowledgebuild leitete.

Unter Zambonini werde sich eine Konsolidierung des Tool-Bereichs vollziehen, äußerte John Landry, Executive Vice-President Entwicklung, gegenüber der CW-Schwesterpublikation "Computerworld". Es habe dort einige Überschneidungen auch im Produktbereich gegeben, erläuterte der Cullinet-Manager. Darauf angesprochen, ob das die Einstellung von Produktlinien bedeuten werde, reagierte Deutschland-Geschäftsführer Duve zurückhaltend: "Mit Ausnahme der beiden Firmenverkäufe ist mir in dieser Hinsicht nichts bekannt."