Nach der Trennung von der ADVOrga im nächsten Jahr:

Cullinet kümmert sich um deutsche IDMS-Kunden

17.10.1986

MÜNCHEN (kul) - Mit einem erweiterten Niederlassungsnetz will der amerikanische Softwarehersteller Cullinet den bundesdeutschen Markt angehen. Neben dem Hauptquartier in Wiesbaden gibt es neuerdings auch in Düsseldorf ein Büro. Mit seiner Strategie und konkretem Zahlenmaterial hält der Anbieter allerdings noch hinter dem Berg, Als Begründung führen die Verantwortlichen an, man wolle sich angesichts der bis zum 1. Mai 1987 gültigen Kooperation mit der ADV/Orga AG vorläufig lieber bedeckt halten.

Hauptziel von Cullinet ist nach den Worten von Geschäftsführer Hans Duve, den deutschen Kunden einen besseren Support zu bieten, als es ADV/Orga getan habe. Mit welchen konkreten Reaktionszeiten der Kunde im Problemfall rechnen muß, scheint jedoch noch nicht völlig festzustehen. Duve: "Als Richtwert peile im etwa zwei Stunden an. Aber das rangt natürlich auch von der Komplexität des individuellen Falles ab".

Kontakt zum Berater ist ausschlaggebend

Daß es für den Anwender einen Unterschied bedeuten könnte, welcher Anbieter ihn künftig betreuen wird, glauben die Cullinet-Chefs nicht. Dazu Ex-ADV/Orga-Mitarbeiter Peter Boddenberg, Distriktleiter

Nord bei dem amerikanischen Hersteller: "Das ist dem Kunden doch

völlig egal. Für ihn ist nur entscheidend, daß er in kritischen Situationen nach wie vor den selben Berater als Ansprechpartner hat".

Neben der Ankündigung von Version , 10.2 des DBMS-Produkts IDMS/R gab Cullinet als weitere Neuigkeit sein verstärktes Engag(...)ent im Mini- und PC-Bereich sowie den Support für die IBM-Abfragesprache SQL bekannt (siehe CW Nr. 35, Seite 5 und 1 0). Ferner steht CIM auf der Wunschliste der Amerikaner. Unter den Tisch fiel allerdings das prekäre Ergebnis des ersten Finanzquartals: Cullinet hatte erstmals rote Zahlen geschrieben (siehe CW Nr. 35, Seite 5).

Relationaler Ansatz auf Basis bestehender Systeme

Auch auf die in Fachkreisen immer wieder geäußerte Kritik an IDMS/R, das Produkt habe das Prädikat "relational" nicht verdient, reagierten die Cullinet-Bosse mit einem Ausweichmanöver. William Linn, Senior Vice President Software Technology: "Den Benutzer interessiert es nicht, ob oder in welchem Maße sein System relational ist oder nicht. Da hängt sich Ted Codd zur sehr an seinen zwölf Regeln auf, die für die Praxis letztlich irrelevant sind. Der User schaut nämlich lediglich auf die Performance, und die ist bei IDMS/R gut".

Die Entscheidung, das Produkt dennoch unter dem Etikett "relational" zu vermerkten, begründet der Vizepräsident mit dem Entwicklungsansatz von Cullinet, der von dem mancher anderer Hersteller abweiche: Anbieter wie IBM hätten auf der Basis des relationalen Modells von Grund auf neue Systeme entwickelt. Cullinet hingegen sei davon ausgegangene daß man den Kunden nicht zumuten könne, ihre in bereits bestehende Produkte getätigten Investitionen kurzerhand über Bord zu

werfen.

Deshalb wolle man diesem Anwenderkreis den Einstieg in die Relationalität über Erweiterungen bestehender Systeme ermöglichen. "Vielleicht", so Linn, "war es ein Fehler, die Produktbezeichnung IDMS um das "R" zu erweitern. Aber was sollen wir jetzt machen? Etwa das "R" wieder aus dein Namen streichen?'

Zum 1. Mai 1987 übernehmen die Amerikaner auch den Cullinet-Kundenstamm ihres bisherigen Deutschland-Distributors, der ADV/Orga AG, in eigene Verantwortung. Bis dahin laufen alle Aktivitäten weiterhin über die Wilhelmshavener.

Niederlassungsnetz wird ausgeweitet

Hand in Hand mit diesem Wechsel der Zuständigkeit geht die Aufstockung der Mitarbeiterzahl bei Cullinet von jetzt 56 auf 80. Für 1987 hat das Unternehmen eine weitere Ausdehnung des Niederlassungsnetzes ins Visier genommen: Insgesamt drei Zweigstellen sollen in Hamburg, Stuttgart und München gegründet werden.

Übernommen wird auch der beim Kunden eingeführte technische Field-Support der ADV/Orga. Sehr allergisch reagieren die deutschen Repräsentanten des US-Herstellers in diesem Zusammenhang auf das Wort "Abwerbung".

Duve: "Diese Mitarbeiter haben sich freiwillig für uns entschiedene". Daß ihm aus der Trennung von der fest im hiesigen Markt etablierten ADV/Orga eine Gefahr erwachsen könnte, glaubt der Deutschland-Newcomer angesichts dieser Tatsachen nicht.