Cui bono?

05.01.1990

Die Seybold Computer Publishing Conference im September war bewegt: John Warnock, CEO von Adobe , mochte nicht glauben, daß man ihm seinen Seitenbeschreibungs-Standard nehmen wollte.

Microsoft und Apple waren übereingekommen, Apples Outline-Font-Technologie "Royal" und Microsofts Druckerbeschreibungssprache für den Presentation Manager von OS/2 als neue Font-Plattform zu etablieren.

"Diese Zusammenarbeit ist der größte Mist, den ich je gehört habe", faßte Warnock seine Angst um möglicherweise entfallende Lizenzgebühren zusammen. Immerhin konnte Adobe im dritten Geschäftsquartal mit Nettoeinnahmesteigerungen von über 40 Prozent aufwarten. Und mußte notgedrungen ankündigen, daß Adobe die bislang streng gehüteten Spezifikationen für seine Postscript-Seitenbeschreibungssprache offenlegen werde.

Dem Anwender soll das eine so recht sein wie das andere. William H. Gates III und Apple-CEO John Sculley beteuern, ihre Technologie sei kompatibel zum Postscript-Standard - dies, obwohl darauf hingewiesen wurde, daß die Rastertechnologie der Apple/Microsoft-Font-Erweiterung eine andere sei, als die bei Postscript benutzte.

Eine Frage hing jedoch über allen Diskussionen: Wie wird sich die IBM entscheiden? Nick Donofrio, Präsident von IBMs Workstation Division, hielt sich bedeckt, sprach von der Entscheidungsfreiheit der verschiedenen Big-Blue-Abteilungen. Trotzdem wurde vermutet, daß die IBM wegen ihrer Konzentration auf OS/2 zwangsläufig zum Apple/Microsoft-Standard tendieren werde.

Nun scheint sich doch Marktmacht durchzusetzen. Offensichtlich kann IBM nicht übersehen, daß es mittlerweile eine große Basis von Anwendern gibt, die die Postscript-Technologie in ihre Anwendungen integriert haben und sich nicht von einem weiteren Standard irritieren lassen wollen.

Konsequent scheint auch IBMs Haltung, sich auf ihren IFI-Standard zurückzuziehen, der den Anwendern die freie Font-Wahl läßt. Fonthersteller würden ihre Fonts als Dynamic-Link-Bibliothek anbieten und Anwender könnten verschiedene Font-Bibliotheken mischen.

Pferdefuß: Ein Printer müßte alle Fonts auch unterstützen, damit der Anwender IFI wirklich nutzen kann.

IBMs Weigerung, Compugraphics Intellifont zu applizieren, weil man damit direkt HP unterstützen würde, zeigt auch, wem die IBM-Entscheidung besonders nutzen könnte: der IBM selbst und ihrer Position am Druckermarkt.