Unisys macht das Convergent-Betriebssystem Posix-kompatibel

CTOS-Anbieter einigten sich auf Programmier-Schnittstellen

27.07.1990

SULZBACH (CW) - Mit einer Reihe neuer Produkte - darunter einem Posix-Server - will Unisys den Anwendungsentwicklern das von Convergent Technologies kreierte Betriebssystem CTOS schmackhaft machen. Aus demselben Grund einigten sich die Anbieter CTOS-basierter Systeme auf ein gemeinsames Application Programming Interface (API).

"Wir sehen einen zunehmenden Trend in der Industrie, sich weniger auf irgendein Betriebssystem zu konzentrieren als vielmehr auf Anschlußmöglichkeiten und Technologien, die die Betriebssystem-Umgebung vom Benutzer fernhält", kommentiert Guido Vanherberghen, Vice-President Distributed Systems für Europa und Afrika, die Unisys-Strategie. Das Augenmerk der Hersteller richte sich nunmehr auf standardisierte Benutzerschnittstellen, Werkzeuge für systemübergreifende Betriebsarten und einheitliche Programmier-Schnittstellen .

Das jetzt vorgestellte API, so war von der deutschen Unisys-Niederlassung in Sulzbach/Taunus zu erfahren, versetzt Software-Entwickler in die Lage, mit nur einer Version ihrer Produkte alle weltweit auf 740 000 geschätzten CTOS-Implementierungen abzudecken; Derivate des Betriebssystems werden neben Unisys auch von Bull ("Starsys"), Telenorma ("TNOS") und Momentum ("Hero/OS") sowie sechs weiteren Anbietern vertrieben .

Urheber der Programmier-Schnittstellen-Definition ist ein seit kurzem etablierter "CTOS/Open"-Beirat, dem laut Unisys sowohl Hersteller als auch Entwickler und Anwender angehören. Die Spezifikationen umfassen die Bereiche Graphical User Interface (GUI), Netz- und Druckservices sowie Computer Graphics Interface (CGI).

Wie der Hersteller betont, ziele die CTOS/Open-Initiative nicht auf eine geschlossene Betriebssystem-Umgebung. Vielmehr seien auch Produkte für die Interaktion mit anderen Betriebssystemen wie MS-DOS und Unix sowie für die Unterstützung von Industristandards vorgesehen.

So wird voraussichtlich noch in diesem Jahr unter der Bezeichnung Posix.1 ein Posix-Server für CTOS-Workstations auf der Basis von 80286/386-Prozessoren zur Verfügung stehen. Mit Hilfe des Dienstprogramms können, so der Hersteller, in C geschriebene und dem Posix-Standard des IEEE entsprechende Anwendungen ohne Modifikation in CTOS-Umgebungen portiert werden.

Unisys macht kein Hehl daraus, daß die Posix-Unterstützung konkrete wirtschaftliche Hintergründe hat: Beispielsweise ist Posix-Konformität eine Conditio sine qua non in vielen Ausschreibungen der US-Regierung. Vanherberghen formuliert es allgemein: "Durch die Öffnung von CTOS eröffnen wir uns einen größeren Markt und eine Vielzahl von Softwarelösungen."

Um CTOS-Anwendern die Programmierung portabler GUI-Anwendungen zu ermöglichen, schloß Unisys jetzt ein Entwicklungsabkommen mit der XVT Inc., dem Hersteller des Programmierwerkzeugs Extensible Virtual Toolkit (XVT). Nach Unisys-Angaben hat XVT das API bereits bei der Arbeitsgruppe P 1201.1 des IEEE eingereicht.

Das Toolkit unterstützt derzeit PCs mit MS-Windows oder Presentation Manager (PM) sowie die grafische Benutzerschnittstelle des Apple Macintosh und Unix-Systeme mit X-Windows. Die XVT-Version für zeichenorientierte CTOS-Rechner soll Anfang nächsten Jahres ausgeliefert werden. Daneben arbeiten Unisys und XVT an einer CTOS-Version des PM, die eine Schnittstelle zum ANSI-Standard für zweidimensionale Grafiken, dem Computer Graphics Interface (CGI), erhalten soll. Der "XVT Presentation Manager" steht voraussichtlich Mitte 1991 zur Verfügung.