CRM - Status quo und Perspektiven

04.03.2005
Die firmenweite Integration des Customer-Relationship-Managements (CRM) macht deutschen Unternehmen zu schaffen, so eine Studie der Hochschule St.Gallen.

Nach wie vor verstehen Unternehmen CRM weniger als dedizierte Strategie (zwölf Prozent), sondern eher als operatives Toolset (62 Prozent). 21 Prozent der Firmen betrachten CRM in erster Linie als Backoffice-Instrument für Analyse- und Evaluierungszwecke. Das war eines der Ergebnisse einer Online-Umfrage, die das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen im Dezember 2004 vorgenommen hat, um mehr zum Stand der Dinge, aber auch über künftige Entwicklungen und Trends im Kundenbeziehungs-Management zu erfahren. An der Studie "CRM - Status quo und zukünftige Herausforderungen" haben CRM-Verantwortliche von 89 Unternehmen im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) teilgenommen. Für Walter Brenner, Director Institute of Information Management an der Hochschule und einer der Studienautoren, ist der verhältnismäßig hohe Rücklauf nicht zuletzt ein Indiz dafür, dass sich CRM mittlerweile zur "reiferen Applikation" entwickelt und entsprechend etabliert hat.

Den Studienergebnissen zufolge befassen sich mit dem IT-gestützten Kundenbeziehungs-Management tatsächlich nahezu alle Unternehmen: So haben 18 Prozent der Befragten laut eigenen Angaben bereits CRM-Implementierungen hinter sich, rund die Hälfte der Firmen sind derzeit mit der Umsetzung beschäftigt, während 21 Prozent dahin gehende Projekte planen. Als CRM-resistent erwiesen sich lediglich ein Prozent der Umfrageteilnehmer.

CRM-Projekte laufen in knapp der Hälfte der Unternehmen vorwiegend auf Abteilungs- oder Kanalebene. 40 Prozent der Befragten hingegen gaben an, damit verbundene Initiativen firmenweit zu organisieren und zu koordinieren.

Sorgenkind Integration

Als derzeit größte Herausforderung auf strategischer Ebene betrachten die Firmen die unternehmensweite Integration aller CRM-Aktivitäten: 70 Prozent der Befragten liegt die ganzheitliche Einbindung besonders am Herzen - noch vor der Steigerung des Mehrwerts für den Kunden (64 Prozent) oder dem Management der Kundendaten (57 Prozent).

Für die zunehmende Bedeutung des Kundenbeziehungs-Managements spricht, dass die Mehrheit der Firmen (53 Prozent) ihr dafür vorgesehenes Budget im laufenden Jahr erhöhen wird - 18 Prozent wollen ihre CRM-Mittel sogar um mehr als zehn Prozent aufstocken. Investitionen sind insbesondere in den Bereichen operatives (84 Prozent) und analytisches CRM (74 Prozent) vorgesehen. Eine gewisse Zurückhaltung in Sachen kollaboratives CRM - lediglich 33 Prozent planen hier Anschaffungen - führen die Studienautoren nicht zuletzt darauf zurück, dass dort anspruchsvollere Methoden ins Spiel kommen: So erforderten beispielsweise das Management von Partnerbeziehungen und die Etablierung von Instrumenten zur Kundeninteraktion wie Self-Services einiges an CRM-Erfahrung. Immerhin 37 Prozent der Firmen haben sich allerdings die Einbindung von Geschäftspartnern in ihre CRM-Aktivitäten bereits auf die To-do-Liste geschrieben.

Die Etablierung von Self-Services, die den Kunden direkt in die Dienstleistung einbinden, zählt den Untersuchungsergebnissen zufolge zu den aufkommenden CRM-Themen: 15 Prozent der Firmen haben dahin gehende Projekte bereits abgeschlossen, 36 Prozent sind derzeit bei der Umsetzung, während 27 Prozent immerhin schon Self-Service-Initiativen planen. Als Hauptmotivation für den Einsatz solcher Systeme wurden potenzielle Kostensenkungen sowie eine Steigerung der Effizienz genannt.

Die aktuellen CRM-Strategien sind vorwiegend auf die Bearbeitung der Kundenbasis durch Cross- und Up-Selling ausgerichtet: 88 Prozent stufen dieses Ziel als "wichtig" beziehungsweise "sehr wichtig" ein. An zweiter Stelle steht der Erhalt bestehender Kundenbeziehungen (81 Prozent).

CRM ist für die Unternehmen allerdings nicht ausschließlich ein Thema der IT-Integration. Neuere Gesichtspunkte gewinnen in der deutschsprachigen Firmenlandschaft an Bedeutung: So zählen das viel diskutierte, bislang allerdings noch wenig verbreitete "Mobile CRM" (35 Prozent) sowie die schnelle, auch vorbeugende Reaktion auf Kundenbewegungen (33 Prozent) zu den erklärten strategischen Zukunftsthemen.

CRM auf Prozessebene

Der Grad der Implementierung von operativen CRM-Prozessen ist in den Bereichen Vertriebs-Management sowie Customer-Profiling und -Segmentierung am höchsten. Jedes zweite Unternehmen hat entsprechende Abläufe bereits nahezu oder vollständig etabliert. Klare Prozesse in Sachen Multikanal-Management sind hingegen noch nicht selbstverständlich. Lediglich sechs Prozent der Firmen gaben an, das Multikanal-Management bereits vollständig implementiert zu haben, während es bei knapp der Hälfte der Befragten an der sauberen Koordination ihrer Kundenkontaktkanäle hapert. Künftig werden sich die Bemühungen aber verstärkt darauf konzentrieren, eine integrierte Sicht auf die verschiedenen Möglichkeiten des Kundenkontakts zu schaffen: Insgesamt 68 Prozent der Firmen sind entweder mit der Umsetzung entsprechender Projekte beschäftigt oder planen diese.

Wissen vom Kunden nutzen

Nachholbedarf besteht offenbar auch hinsichtlich der Abläufe, die für den Rückfluss des Wissens vom Kunden sowie die Verwertung dieser Informationen sorgen: Laut Studie wird die Implementierung kundenorientierter Feedback- und Wissens-Management-Prozesse derzeit nur vereinzelt vorangetrieben. Im Gegensatz zum Wissen über beziehungsweise für den Kunden sei "das Wissen vom Kunden" ein evolutionärer Schritt innerhalb der CRM-Disziplin, den es für viele Unternehmen noch zu durchlaufen gelte, so Lutz Kolbe, einer der Studienautoren.

Während das Gros der Firmen in der Vergangenheit auf proprietäre CRM-Systeme setzte, tendieren die Unternehmen heute zum Einsatz von Standardsoftware. Nur 24 Prozent der Befragten gaben an, mit Eigenentwicklungen zu arbeiten. Als Spitzenreiter unter den CRM-Anbietern weist die Studie den auf Banken spezialisierten Softwarehersteller Uniquare aus, was angesichts des hohen Anteils an Finanzdienstleistern (gut 50 Prozent) unter den Umfrageteilnehmern nicht verwundert. Die Plätze zwei und drei belegen die Marktführer Siebel und SAP.

Analog zu den Ergebnissen auf strategischer Ebene werden auch die CRM-Applikationen primär für das Cross- und Up-Selling eingesetzt. Dabei messen die Unternehmen der Bewältigung technischer Herausforderungen, die sich bei der Einführung eines CRM-Systems ergeben, mehr Bedeutung bei als den "weichen" Faktoren wie der Überwindung der Berührungsängste von Seiten der Mitarbeiter, deren Schulung oder der Verbesserung der Bedienbarkeit. Für 78 Prozent der Firmen liegt das Hauptaugenmerk auf der Integration von Systemen und Daten. Als weitere Hürde erleben die Unternehmen die nach der Systemeinführung erforderlichen Anpassungen (44 Prozent).

Rückhalt beziehungsweise Engagement vom Topmanagement erachten die Befragten als wichtigsten Erfolgsfaktor für CRM-Initiativen (88 Prozent), gefolgt von einem entsprechenden Wandel in der Unternehmenskultur (70 Prozent). Bedeutung und Aufwand für die Schulung der Mitarbeiter hingegen werden offenbar unterschätzt: Zwar kalkuliert die Mehrheit der Umfrageteilnehmer (42 Prozent) immerhin zwischen zehn und 30 Prozent des CRM-Budgets für das Anwendertraining ein, ein gutes Drittel sieht dafür allerdings deutlich geringere Mittel vor.

Die in englischer Sprache verfasste Studie ist unter http://cm. iwi.unisg.ch zu beziehen.