CRM-Lösungen: Microsoft versus SAP

15.12.2008
Von Werner Schmid
SAPs "CRM 2007" überzeugt mit einer tiefen ERP-Integration. Microsofts "Dynamics CRM" punktet mit guter Bedienerführung.

Die Produktgestalter haben in der frühen Entwicklung ihrer ERP-Systeme zu kurz gegriffen: Sie haben übersehen, dass Kundenbeziehungen auch vor und nach dem Kauf wichtig sind. Mittlerweile haben die ERP-Anbieter den Mangel behoben. Dazu zählen etwa SAP und Microsoft. Da beide Unternehmen zu den Schwergewichten in der IT-Branche gehören, lohnt ein genauer Blick auf ihre Lösungen für das Kundenbeziehungs-Management. In einem Test mussten sich "Microsoft Dynamics CRM 4.0" und "SAP CRM 2007" bewähren.

Microsoft beliefert Anwender in aller Welt sehr erfolgreich mit Standard- und Business-Software. Auch im CRM-Geschäft verfolgt der Anbieter die Strategie, mit einer globalen Lösung alle Märkte zu bedienen und den Anforderungen sämtlicher Anwender gerecht zu werden.

Um es vorwegzunehmen: Microsofts CRM-Produkt ist und bleibt proprietär. Viele Funktionen stützen sich auf die hauseigenen Produktwelten. Das gilt insbesondere für den Mail-Client Outlook, der im CRM-Modul die gesamte interne und externe Kommunikation sowie die Terminplanung übernimmt. Briefe werden selbstredend mit Word geschrieben. Mit einem Klick lassen sich Excel-Sheets erzeugen, die Auswertungen und Übersichten enthalten.

Neu an der Version 4.0 ist vor allem die Internationalität. Wo die Vorgängerversion noch Schwachpunkte zeigte, glänzt das aktuelle Release mit Sprachen und Währungen von "AR" für Arabisch bis "TR" für Türkisch und von "ARS" für Argentinische Pesos bis "ZAR" für südafrikanischen Rand. Unternehmen, die ihre IT-Strategie auf Microsoft-Produkte ausgerichtet haben, können der weiteren Globalisierung und der damit verbundenen Verlagerung der Arbeitsplätze vor allem im Vertrieb ruhig entgegensehen.

Einige Funktionen wirken allerdings nur auf den ersten Blick interessant, wie etwa die Planungstafel für Servicetechniker. Sie allein kann einen Standard-Serviceprozess nicht durchgängig unterstützen, dafür fehlt in der Standardausführung beispielsweise eine Geräteakte. Wenn in einem Kundenprojekt Ersatzteile benötigt und geliefert werden, müssen zwei Aufträge bearbeitet werden: einer für den Techniker und einer für die Hardware.

Die CRM-Anwendung lässt teilweise vergessen, dass sie aus zwei verschiedenen Systemen besteht. Der Microsoft-Partner Impello aus Nürnberg, der das System in Verbindung mit der ERP-Software "Microsoft Dynamics NAV" zum Test vorgestellt hat, nutzt die Standardschnittstelle "Scribe" für einen Datenabgleich zwischen beiden Systemen. So werden Interessenten (Adressen) im CRM-System zu Kunden im ERP-System, Angebote und Aufträge lassen sich in beiden Systemen synchron halten (replizieren), die Preise kalkuliert das ERP-System.

Insgesamt ist Microsoft Dynamics CRM 4.0 klar strukturiert. Anwender in Marketing, Vertrieb und Service finden schnell und einfach ihre speziellen Funktionen, wobei die für das Marketing stärker ausgeprägt sind als die für den Service. Die Funktionen für die Angebots- und Auftragsbearbeitung (Vertrieb) sind eigentlich ERP-Funktionen.

Die Lizenzkosten für das CRM-Produkt für 120 User in Marketing, Vertrieb, Service und Management liegen bei etwa 130 000 Euro. Für Systemeinrichtung ("Customizing") und Schulung kalkuliert Impello rund 65 Personentagen.

Nach heutigem Stand der Technik muss sich ein modernes IT-System ausschließlich über die Oberfläche bedienen lassen. Für CRM-Systeme bedeutet dies, dass sie ein SQL-Statement (etwa "select from where") zur Auswahl einer bestimmten Interessentengruppe aus einer Datenbank grafisch per Drag and Drop erstellen können. Das ist anspruchsvoll, und was sich SAP hierzu hat einfallen lassen, ist beeindruckend. Alles weitere, etwa das Erstellen und Versenden von Briefen und E-Mails für eine Kampagne, ist trivial. Auch für Kampagnen per externes Call-Center sind diese Daten bestens aufbereitet.

Service-Unterstützung bindet CRM und ERP ein

Gelöst hat SAP endlich das Strukturproblem zwischen dem Backend-orientierten ERP- und dem Frontend-orientierten CRM-System. Das eine kennt nur Waren und Werte, das andere nur Ansprechpartner und Aktivitäten. Hier hat SAP eine Brücke geschlagen, die den Mitarbeitern die Wahl erleichtert: Sie sind in der Lage, Angebote und Aufträge wahlweise im ERP- oder CRM-System zu erfassen; das Ergebnis bleibt das gleiche. Außerdem können sie den Außendienst steuern, komplexe Vertriebsprojekte verwalten und noch ein paar Dinge mehr. Besonders in den Funktionen für internationale Geschäfte nutzt die SAP ihre Erfahrung. Mehrsprachigkeit und Mehrwährungsfähigkeit sind im gesamten System durchgängig und konsequent umgesetzt.

SAP CRM 2007

(+) SQL-Statements per Drag and Drop;

(+) Datenanalysemöglichkeiten;

(+) tiefe ERP-Integration.

(-) Mächtige Implementierung;

(-) keine Preisangaben.

Die Service-Unterstützung haben viele ERP-Hersteller verschlafen. Anwender müssen sich daher behelfen: Da wurden und werden Mitarbeiter immer noch als Artikel geführt (ohne Lagerbestand) und Serviceleistungen stückweise abgerechnet (ein Stück Stunde entspricht dann zum Beispiel 45,80 Euro). SAP CRM 2007 bietet jetzt für den Service alle erforderlichen Funktionen für eine durchgängige und vollständige Abwicklung einer Dienstleistung. Das beginnt beispielsweise mit der Planungstafel, die die Verfügbarkeit der Mitarbeiter zeigt und Serviceaufträge zuordnet, erstreckt sich über das Update der Geräteakte und geht bis zur Rückmeldung der erfolgten Ersatzteillieferung aus dem ERP-System. Das gilt auch für die vorkonfigurierte Lösung für den gehobenen Mittelstand "Business All-in-One".

Die Methoden für das Auswerten von Daten gehen weit über CRM hinaus. Schön sind die grafischen Dashboards, die man für verschiedene Gesichtspunkte erstellen kann. Und wer es nicht kann (es ist und bleibt intellektuell anspruchsvoll), vermag auf die vordefinierten Auswertungen und Berichte zurückzugreifen.

ERP-Integration bei SAP CRM 2007

Die Datenbanken des ERP- und des CRM-Systems werden wechselseitig repliziert, so dass alle Daten in beiden Systemteilen zur Verfügung stehen. Wer also im CRM-Programm einen Debitor anlegen will, muss die Informationen eingeben, die das ERP-System bei der Fakturierung zur Preis- und Kontenfindung benötigt. Damit können Angebote oder Aufträge wahlweise in SAP CRM, SAP ERP oder SAP R/3 angelegt werden.

Insgesamt wirkt SAP CRM 2007 sehr aufgeräumt und modern. Alle Geschäftsprozesse in Marketing, Vertrieb und Service lassen sich vollständig abbilden. Vermissen wird man die Leichtigkeit eines einfachen CRM-Systems.

Kosten für SAP CRM 2007 variieren je nach Projekt

Angaben zu den Kosten macht SAP nicht. Preise für Lizenzen oder Angaben über den Aufwand zur Einführung nennen SAP oder Partner erst im Einzelfall.

Microsoft Dynamics CRM

(+) Unterstützung vieler Sprachen und Währungen;

(+) gute Strukturierung der Funktionen.

(-) Proprietär;

(-) keine durchgängigen Serviceprozesse.