Mietsoftware für 70 Dollar pro Benutzer

CRM-Hosting: Siebel und IBM Seite an Seite

10.10.2003
MÜNCHEN (as) - Mit dem ersten Versuch, gehostete Software für das Customer-Relationship-Management (CRM) anzubieten, war Siebel Systems gescheitert. Nun unternimmt der SAP-Rivale einen zweiten Anlauf und sichert sich dabei die Unterstützung von IBM.

Mit "Siebel CRM on Demand" bereitet der CRM-Spezialist einen weltweit über IBM-Rechenzentren gehosteten Mietservice für seine Software vor. Noch in diesem Quartal können Unternehmen sich über die Website www.crmondemand.com registrieren und für 70 Dollar im Monat pro Mitarbeiter Kernfunktionen für Sales, Marketing und Service sowie Datenanalyse verwenden. Im ersten Quartal 2004 soll dann auch eine deutschsprachige Ausgabe für rund 60 Euro verfügbar sein.

Laut Stefan Sonntag, Executive Director Marketing & Alliances Central Europe bei Siebel, kommen außer dieser Gebühr keine Zusatzkosten für Beratung oder Installation auf die Kunden zu. Zielgruppe sind neben kleinen und mittleren Unternehmen auch größere Anwender, die einzelne Abteilungen, Filialen oder Landesgesellschaften schnell mit CRM-Funktionen versehen wollen, ohne die üblichen hohen Kosten für die Implementierung und Infrastruktur.

Die Mietsoftware verfügt in ihrer ersten Ausgabe nach Ansicht von Marktbeobachtern über rund ein Drittel der CRM-Standardfunktionaliät der bisherigen "Siebel Enterprise Suite".

Laut Rüdiger Spies, Vice President Enterprise Applications bei der Meta Group in München, gibt es weder Unterstützung für die Backoffice-Integration beim Kunden noch industriespezifische Anpassungen. Lediglich die Benutzeroberfläche ist modifizierbar. Siebel-Manager Sommer betont, die Lösung sei komplett neu auf der Basis der Java-Infrastruktursoftware "Websphere" von IBM entwickelt worden und biete als einzige auf dem Markt integrierte analytische Funktionen für die Auswertung von Kundendaten. Sollten Kunden zu einem späteren Zeitpunkt die komplette Siebel-Software oder auch die laut dem Manager weiterhin vermarktete "Midmarket Edition" nutzen wollen, so sei eine Migration problemlos, da die Mietsoftware dasselbe Daten- und Objektmodell wie die CRM-Suite verwende.

Siebel hatte bereits 1999 einen ersten Vorstoß in Richtung ASP unternommen und über seine Venture-Capital-Tochter die Website Sales.com finanziert. Diese wurde allerdings ein Jahr später - nicht zuletzt, weil Firmengründer Tom Siebel nicht an den Erfolg dieses Geschäftsmodells glaubte - wieder in die Mutterfirma eingegliedert und 2001 dann ganz geschlossen. Das werde dieses Mal nicht passieren, erwartet Analyst Spies: "IBM wird dafür sorgen, dass es ein Erfolg wird."

Konter gegen Salesforce.com

Marktbeobachter halten das neue Angebot mit den vorgesehenen Niedrigpreisen für eine vielversprechende Antwort Siebels auf die zunehmend erfolgreichen Application-Service-Provider (ASP) wie Salesforce.com, Netsuite oder Upshot, die dem Hersteller zusehends im unteren und mittleren Marktsegment die Kunden wegschnappen. Auch für IBM dürften sich Vorteile ergeben. Anhand dieses Angebots könnte Big Blue den Beweis erbringen, dass seine On-Demand-Strategie praktikabel ist. Das Konzept zielt darauf ab, Anwendungen und Rechenkapazitäten mit Hilfe von Standards wie Web-Services, Java und Grid-Technik flexibel verfügbar zu machen. Sollte der CRM-On-Demand-Service seine technische Leistungsfähigkeit belegen, wäre es denkbar, dass er um weitere Dienste ergänzt werde, die als Web-Services die Siebel-Software funktional erweitern oder sich mit ihr kombinieren lassen. Spies könnte sich daher vorstellen, dass IBM auf der Basis dieses Anwendungs- und Geschäftsmodells künftig wieder in den Markt für Anwendungssoftware zurückkehrt.

Win-win-Situation

Ferner stehen handfeste wirtschaftliche Interessen hinter der Ankündigung. So setzten Siebel und IBM laut Manager Sommer seit 1999 bereits über zwei Milliarden Dollar bei gemeinsamen Kunden um. IBM wolle daher laut Analyst Spies das zuletzt finanziell schwächelnde Siebel unterstützen, um eigene Dienstleistungen und Produkte auch künftig bei dessen Kunden absetzen zu können. Darüber hinaus gehe Big Blue mit diesem Deal auf Nummer sicher: Im letzten Sommer habe es Gespräche zwischen Siebel und Oracle bezüglich einer möglichen Übernahme des CRM-Spezialisten gegeben. IBM befürchte nun wohl, dass der Rivale immer noch an Siebel und seinen 3500 Kunden interessiert sei, falls die Übernahme von Peoplesoft scheitert.