CRM in der Praxis

CRM-Anwender wollen bessere Usability und mobile Unterstützung

23.02.2016
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die RWTH Aachen, Schwetz Consulting und Trovarit haben untersucht, wie zufrieden Unternehmen mit ihren CRM-Installationen sind. Auch wenn das Urteil allgemein ordentlich ausfällt, gibt es Raum für Verbesserungen - insbesondere in Bereichen wie Mobile CRM und Auswertungen. Gerade weil das Kunden-Management immer wichtiger wird, wächst der Druck, die dafür eingesetzten Lösungen zu modernisieren.

Customer-Experience-Management, Customer-Success-Management, Customer Analytics, Customer Insights, Customer Engagement, Customer Journey - Hauptsache Customer. Rund um das Kunden-Management kursiert eine wachsende Zahl von Schlagwörtern und Lösungsansätzen. Das zentrale Werkzeug bei der Unterstützung von Kundenprozessen bleibt indes das Customer-Relationship-Management (CRM), sei es im Marketing, im Vertrieb oder im Service. Kernaufgaben der CRM-Systeme sind, alle relevanten Informationen über den Kunden bereitzuhalten, die Dokumentation der Kundenkontakte effektiv und effizient zu gestalten sowie sicherzustellen, dass die nachgelagerten internen Prozesse angestoßen werden. Das bedeutet, dass CRM-Lösungen tief im IT-Nervensystem eines Unternehmens verankert sind und eng verknüpft mit den angeschlossenen IT-Systemen agieren müssen. Schließlich trägt das CRM entscheidend zur Schnelligkeit und Qualität der Interaktionen mit Kunden und Interessenten bei. Es spielt somit nicht selten eine wichtige Rolle für den Erfolg der Unternehmen.

Angesichts dieser großen Bedeutung untersucht die Studie "CRM in der Praxis: Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven" zum zweiten Mal mit Blick auf die Anwender, wie die Realität in Unternehmen aussieht. Dabei stand der Nutzen des CRM-Einsatzes ebenso im Blickpunkt wie die Herausforderungen bei der Einführung und im Betrieb. Allem übergeordnet ist die Frage nach der Kundenzufriedenheit. Sie stellt eine zentrale Mess- und Steuerungsgröße sowohl für Anwender als auch für Anbieter dar. Bei Anwendern steigt die Zufriedenheit, wenn Nutzen und Wirtschaftlichkeit der Lösung gegeben sind. Für CRM-Anbieter ist die Kundenzufriedenheit eine der wesentlichen Steuerungsgrößen in den Bereichen Produktentwicklung und -Management, Vertrieb, Beratung und After-Sales-Service.

Insgesamt stellen die Anwender ihren CRM-Lösungen und Softwarepartnern ein ordentliches Zeugnis aus. Gefragt nach der Zufriedenheit mit dem "System insgesamt", vergaben sie durchschnittlich die Note "Gut" (2,04). Die Bewertung der Zufriedenheit mit dem "Wartungspartner insgesamt" lag mit 2,01 sogar etwas besser. Untersucht man die verschiedenen Zufriedenheitsaspekte genauer, ergibt sich allerdings ein differenzierteres Bild. Die als Schwachstellen bewerteten Aspekte, die im Rahmen von Projekten für böse Überraschungen sorgen können und auf die infolgedessen besonders geachtet werden sollte, sind:

  • systembezogene Aspekte wie "Formulare und Auswertungen" , "mobile Einsetzbarkeit", "Integrationsfähigkeit über Schnittstellen", "Internationalität", "Performance", "Usability/Ergonomie" und der "Aufwand zur Datenpflege";

  • Projektaufgaben während der Einführung wie die "Mitarbeiterarbeiterschulung" und das "Projekt-Management";

  • Support-Services wie das "Schulungs- und Informationsangebot" oder auch die "Beratung zur Optimierung des CRM-Einsatzes";

  • außerdem kritisieren viele Anwender das Preis-Leistungs-Verhältnis der CRM-Software.

Am schwächsten fiel die CRM-Zufriedenheit mit Blick auf "Formulare und Auswertungen" sowie "mobile Einsetzbarkeit" aus. Das Thema Formulare und Auswertungen steht letztlich für die Frage, wie gut Informationen vom System aufbereitet und konsolidiert angeboten werden. Anwender sind hier besonders kritisch, weil sie aus einer effektiven Informationsbereitstellung den größten Nutzen in der täglichen Arbeit ziehen. Kritisch sehen CRM-Nutzer auch die mobile Einsetzbarkeit. Damit scheint es bei Weitem nicht so weit her zu sein wie bei anderen Anwendungen - vor allem aus dem privaten Bereich. Darüber hinaus stellte sich die erstmals untersuchte "internationale Einsetzbarkeit der CRM-Software" als Schwachpunkt heraus.

Große Konzerne haben Schwierigkeiten

Neben den Zufriedenheitsbewertungen lässt auch die Liste der wichtigsten Probleme, mit denen sich Anwenderunternehmen im Betrieb ihrer CRM-Software konfrontiert sehen, tief in die Realität der Nutzung blicken. Nur jeder Vierte testierte einen weitgehend problemlosen Betrieb der genutzten CRM-Software. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei drei Viertel aller Installationen teils schwerwiegende Probleme den Einsatz der Lösung beeinträchtigen. Hier zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang mit der Unternehmensgröße, die in der Regel auch als Indikator für die Komplexität der mit der Lösung abzubildenden Prozesse gilt. Während 37 Prozent der kleineren Unternehmen bis 99 Mitarbeiter angeben, keinerlei größere Probleme mit ihrer CRM-Lösung zu haben, fällt dieser Wert bei Unternehmen ab 500 Mitarbeitern auf gerade einmal sechs Prozent. Offensichtlich steigt mit zunehmender Komplexität die Problemanfälligkeit der Installationen.

Sorgen bereitet den Anwendern vor allem die "geringe Anwenderakzeptanz", "mangelnde Datenqualität" und "unbefriedigende Ergonomie". Hinzu kommen "Probleme mit der Performance", "Schnittstellenprobleme" und "zu aufwendige Datenpflege" - insgesamt zeichnen sich die Handlungsschwerpunkte recht deutlich ab. Anbieter müssen im Rahmen der Entwicklung weitere Anstrengungen in die Verbesserung der Softwareergonomie, die Performance-Steigerung und die Schnittstellenstandardisierung setzen.

Die Anwenderunternehmen müssen bei der Auswahl einer CRM-Software besonderes Augenmerk auf diese Punkte legen, wollen sie böse Überraschungen vermeiden. So kommt es beispielsweise vor, dass Vertriebsmitarbeiter an der Software vorbeiarbeiten, weil die Anwendung umständlich ist und aufgrund veralteter Daten nur unzureichende Unterstützung bietet. Ein Problem ist, dass die Qualität der Datenbasis dadurch noch weiter abnimmt. Versucht nun zum Beispiel das Marketing, mit diesen Daten eine Kampagne zu starten, ist der Misserfolg programmiert, und die Bereitschaft zur Datenpflege sinkt auch dort. Wollen Unternehmen diese Kettenreaktionen unterbrechen und den Nutzen des CRM-Einsatzes besser ausschöpfen, so ist ein stärkerer Fokus auf Usability und Softwareergonomie sinnvoll. Anbieter können also damit rechnen, dass Anwender in Zukunft hier höhere Anforderungen stellen.

Endanwender frühzeitig einbinden

Darüber hinaus müssen die Unternehmen Sorge tragen, dass sie ihre Endanwender ausreichend in die Softwareauswahl und das Einführungsprojekt einbinden. So lassen sich Anforderungen im Bereich der Ergonomie berücksichtigen, außerdem kann verhindert werden, dass eine neue Lösung von den Usern abgelehnt wird. Auch bei bereits im Betrieb befindlichen Installationen gilt es zu prüfen, welche Maßnahmen geeignet sind, um die Endanwender besser zu unterstützen und die Akzeptanz des Systems zu steigern. Hier können Upgrades auf neue Release-Stände mit besserer Ergonomie helfen, aber auch Schulungsmaßnahmen oder eine verbesserte Datenqualität.

Neben den bereits erwähnten Knackpunkten werden die Problemfelder "Performance der Software", "Schnittstellen" und "Aufwand für die Datenpflege" am häufigsten genannt. Betrachtet man diese Punkte zusammen, so ist die Zurückhaltung bei einigen Trendthemen nachvollziehbar. Analytical CRM, Big Data oder Location-based CRM basieren in erster Linie auf der Sammlung und Analyse großer Datenmengen. Konkreter Mehrwert entsteht, wenn diese nicht nur vorhanden, sondern auch korrekt und aktuell sind. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass trotz zusätzlicher Datenlast die Performance der Systeme gut und der Aufwand für Datenpflege im Rahmen bleibt. Diese Voraussetzungen werden in vielen Unternehmen aber gerade erst geschaffen.

Die Beschäftigungsschwerpunkte der Anwender korrelieren mit den zuvor genannten Problemfeldern. An der Spitze rangieren Themen wie "Verbesserung der Usability" ("relevant" für 67 Prozent der Teilnehmer) und "mobiler CRM-Einsatz" (54 Prozent). Für das Thema Mobility sind die Werte nicht wirklich verwunderlich. Die mobile Nutzung von Software auf Laptops, Tablets und Smartphones, zu Hause, auf dem Weg zur Arbeit oder beim Kunden wird von Anwendern heute erwartet, und die Anbieter bemühen sich, den steigenden Anforderungen nachzukommen.

Insbesondere bei Auswärtsterminen im Vertrieb oder Service bietet der direkte mobile Zugriff auf die CRM-Software offensichtliche Vorteile. Informationen sind sofort verfügbar, und interne Abläufe können frühzeitig angestoßen werden. Viele mittelständische Unternehmen nutzen diese Vorteile und gestalten ihre Prozesse unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des mobilen Softwareeinsatzes. Das zieht ein anderes Thema nach sich: Wegen der speziellen Bedienung und dem beschränkten Platzangebot von Touchscreens brauchen Smartphones und Tablet-Computer komplett neue Oberflächen.

Mit einigem Abstand im Themen-Ranking folgt "Customer Privacy" (24 Prozent), also der Aufbau und die Überwachung von klaren Regeln und Abläufen in der Arbeit mit sensiblen Kundendaten. Vor dem Hintergrund zunehmender Massenkommunikation und -datenhaltung einerseits, aber immer sensibler werdender Kunden und restriktiverer rechtlicher Rahmenbedingungen andererseits sind sich die Anwender bewusst, dass sie hier in der Pflicht sind. Erst auf den weiteren Plätzen finden sich die "großen Trendthemen" wie Cloud Computing, Social Media und Big Data. Spezielle CRM-Themen wie Enhanced SelfService, Customer-Experience-Management oder Location-based CRM finden sich eher am unteren Ende der Liste der für die CRM-Anwender relevanten Themen.

Fazit

Unternehmen konzentrieren sich derzeit auf den Ausbau und die Verbesserung bestehender Kundenprozesse. Die Studie zeigt, dass diese Aufgaben durchaus in Angriff genommen werden. Fast 37 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, 2015 in CRM investiert zu haben oder dies zu beabsichtigen. Der Bereich Mobile CRM wurde dabei am häufigsten genannt (15 Prozent). Auf den Plätzen finden sich die Bereiche Marketing Automation mit 13 Prozent, Investitionen in integrierte CRM/ERP-Lösungen (zehn Prozent) und das klassische CRM sowie Helpdesk-Software mit je acht Prozent. Erst jeder 20. Teilnehmer gab an, in Analytisches CRM/Business Intelligence zu investieren.

Beim CRM-Einsatz geht es derzeit also vorrangig um Modernisierung und eine höhere Mobilität. Die Systeme sollen die Anwender besser unterstützen, egal ob im Office oder beim Kunden vor Ort. Die Bedienung soll intuitiver und einfacher werden, damit die Arbeit mit dem System keine Last, sondern einen Mehrwert bedeutet und Maßnahmen zur Steigerung der Datenqualität nicht mehr im Sande verlaufen. Ist dies geschafft, werden auch Themen wie Analytical- oder Location-based CRM an Bedeutung gewinnen.

Die Studie

  • Die Studie wurde partnerschaftlich vom Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen, Schwetz Consulting und der Trovarit AG umgesetzt.

  • Der Online-Fragebogen umfasste 26 Fragen zur eingesetzten Lösung, den betreuenden Softwarepartnern, dem Betrieb und dem Einführungsprojekt.

  • Die Erfassung lief über drei Monate von Anfang April bis Ende Juni 2015. D Insgesamt wurden 322 Fragebögen abgegeben, von denen 283 nach entsprechender Prüfung auf Dubletten und andere Ausschlussgründe in die Auswertung übernommen wurden.

  • 19 Prozent der teilnehmenden Unternehmen fallen in die Klasse der größeren Unternehmen (500 und mehr Mitarbeiter). Die mittleren Unternehmen (100 bis 499 Mitar­beiter) stellen 23 Prozent. Mit 49 Prozent der Teilnehmer bilden die kleineren Unternehmen (bis 100 Mitarbeiter) die größte Gruppe. Neun Prozent der Teilnehmer machten keine Angaben zur Unternehmensgröße.

  • Bei den Branchenzugehörigkeiten der Unternehmen waren Mehrfachangaben möglich. 143-mal wurde Dienstleistung angegeben (51 Prozent der Teilnehmer). 114-mal (40 Prozent) wurde eine Branche aus dem Handel genannt. Auf die Industrie entfallen 140 Nennungen (49 Prozent).

CRM-Installationen

  • Art der Software: Standard­software macht den überwiegenden Anteil der CRM-Installationen aus (zirka 75 Prozent). Etwa 16 Prozent entfallen auf Individualentwicklungen. Bei den restlichen Anwendungen handelt es sich um Lösungen auf Basis von Office-Software oder selbst entwickelte Programme.

  • Alter: CRM-Installationen sind durchschnittlich 6,43 Jahre alt. Der letzte Release-Wechsel wurde im Mittel vor 1,15 Jahren vorgenommen. Damit sind die Installationen im Vergleich zu anderen Business-Software- Domänen wie ERP vergleichsweise jung und aktuell.

  • Einsatzcharakteristik: Eine umfassende Einsatzcharakteristik, bei der Aufgaben aus allen Phasen des Kundenlebens­- ­zyklus vom Marketing über den Vertrieb bis in den After-Sales-Service adressiert werden, weisen nur rund 35 Prozent der untersuchten CRM-Installationen auf.

  • Architektur: Bei rund 27 Prozent der Teilnehmer werden die Auf­gaben des CRM durch eine ERP-Lösung abgedeckt. Bei weiteren 43 Prozent wird die Verzahnung von CRM und kaufmännisch-dispositiven Aufgaben über Schnittstellen zwischen der CRM-Software und der ERP-Lösung bewerkstelligt. In immerhin etwa 28 Prozent der Fälle handelt es sich bei der CRM-Lösung um eine isolierte "Stand-alone"-Lösung. Diese Konstellation ist auffällig oft bei (kleineren) Dienstleistungsunternehmen zu finden.

  • Cloud Computing: 21 Prozent der Teilnehmer geben an, ihr CRM als Cloud-Modell zu betreiben, wovon wiederum knapp zwei Drittel auf die „Private Cloud“ entfallen. Immerhin 17 Prozent der Teilnehmer sind nicht in der Lage, einzuordnen, ob und in welcher Form ihr CRM in der Cloud betrieben wird.