Neue Arbeitswelt

Coworking - Wir nennen es Office

12.11.2009

Synergien beim Kaffee heben

Im besten Fall entstehen in der Kaffeepause Synergien, wie Madeleine von Mohl erklärt: "Extrovertierte Leute schieben sich hier die Jobs hin und her. Wir haben einen internen E-Mail-Verteiler, darüber werden ständig Anfragen geschickt, zum Beispiel "Ich brauche einen Programmierer für folgendes Projekt". Aber es gibt natürlich auch introvertierte Leute - die sind zu Hause einsam, im Café einsam, aber auch hier einsam. Man muss sich eben doch überwinden, den anderen anzusprechen." Um dem Mut ein wenig nachzuhelfen, organisieren die sechs Betreiber jeden Monat ein Treffen, bei dem neue User ihren Tischnachbarn sich und ihre Arbeit vorstellen.

Coworking stammt aus den USA: In New York sind Büroräume rar und die Mieten entsprechend hoch, also teilt man sie kurzerhand. In Berlin hingegen gibt es genug Platz und der Quadratmeter ist noch immer vergleichsweise günstig zu mieten. Trotzdem kommen seit April rund 80 User regelmäßig zum Arbeiten in die Prinzessinnenstraße. Täglich sitzen durchschnittlich 40 an den Schreibtischen, freitags ist es ruhiger. Platz gibt es für 120 Besucher, verteilt auf knapp 1000 Quadratmeter. Berlin verzeichnet deutschlandweit die meisten Coworking Spaces, das "betahaus" ist das größte Projekt. Wie viele es in Deutschland insgesamt gibt, lässt sich schwer einschätzen. Denn auch normale WLAN-Cafés nennen sich gerne mal so.

Der Geräuschpegel in der oberen Etage ist niedrig, aber konstant. Sprechen ist erlaubt, allerdings in angemessener Lautstärke. Eine Mieterin räumt die Spülmaschine in der Küchenzeile ein, an den Tastaturen wird getippt. Immer wieder klingeln Handys, mit denen manche User ins Treppenhaus verschwinden. Die Stahltür dorthin knallt in regelmäßigen Abständen ins Schloss. Ein Mieter trägt Ohrenstöpsel. Felice dagegen hat sich bereits an die Geräuschkulisse gewöhnt und findet es "sogar ganz angenehm, wenn ein bisschen was um einen herum passiert". Im Büro im Erdgeschoss geht es ruhiger zu, dort hat es sich eingebürgert, nicht zu sprechen.

Wem es zu laut wird oder wer Ruhe zum telefonieren braucht, kann sich in einen kleinen Ruheraum zurückziehen. Der Gründer der Restaurantkette jedoch zieht dem stillen Kämmerlein das weiße Ledersofa im dritten Stock vor. Am Nachmittag zieht er sich seine Kappe übers Gesicht und legt dort ein Nickerchen ein. Eine Sofaecke gibt es in jedem Raum, getreu dem Konzept von Tonia Welter: "Leben und Arbeiten verschmelzen immer mehr durch digitale Techniken. Wir können uns aussuchen, wo, wann und wie wir arbeiten. Deshalb gibt es keinen Zwang, sich in sterile Büroatmosphären zu zwängen, sondern man kann sie auch entspannt und wohnlich gestalten." Dafür hat sie Elemente von Wiener Kaffeehaus, Uni-Campus, Home-Office und WLAN-Café kombiniert.