Corel: Wordperfect Office 2002

12.11.2001
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Noch vor dem Marktführer Microsoft brachte der krisengeschüttelte Hersteller Corel mit "Wordperfect Office 2002" das nächste Update seines Büropakets auf den Markt. Zu den wesentlichen Funktionen gehören ein Mail-Client, Teamfunktionen und bessere Möglichkeiten zum Publizieren im Web.

Angesichts der Funktionsfülle aktueller Bürosoftware bestand auch bei Wordperfect Office 2002 kaum die Notwendigkeit, für die übliche Nutzung von Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Präsentationsgrafik dringend vermisste Features nachzurüsten. Vielmehr standen neben einer allgemeinen Produktpflege, die sich teilweise über das ganze Paket hinweg bemerkbar macht, Erweiterungen für Teamarbeit und Web-Publishing im Vordergrund.

Zu den Änderungen, die sich auf alle Programme der Suite auswirken, gehört die Einführung des "Application Recovery Manager". Dieser soll ähnlich wie das geplante Wiederherstellungs-Utility von "Microsoft Office XP" in der Lage sein, Nutzer bei Programmabstürzen vor Datenverlusten zu bewahren. Zu den anwendungsübergreifenden Neuerungen zählt auch die Integration des Pocket Oxford Dictionary, das neben der normalen Rechtschreibprüfung beim Verfassen von englischen Texten helfen soll.

Anwendungsübergreifende Neuerungen

In allen Produkten von Wordperfect Office 2002 können Benutzer die von Corel nun erweiterte "Realtime Preview" in Anspruch nehmen. Diese simuliert im markierten Dokumentabschnitt bei der Auswahl bestimmter Formatierungsoptionen die damit verbundenen Änderungen. Schon bisher konnten Anwender von Wordperfect beim Scrollen durch die Schriftartenliste gleich im Text sehen, wie sich die Wahl eines bestimmten Fonts auswirken würde. Dieser Feature wurde nun auf eine ganze Reihe weitere Formatierungsfunktionen ausgeweitet, beispieslweise auf Nummerierungen und Aufzählungslisten.

Zu den Änderungen mit übergreifender Wirkung zählt auch das Update der Script-Engine für Visual Basic for Applications (VBA). Diese hatte Corel schon vor längerer Zeit von Microsoft in Lizenz genommen und nun auf den neuesten Stand gebracht. Daneben können Anwender weiterhin Abläufe mit dem Wordperfect-eigenen "Perfectscript" automatisieren. Insgesamt verbessert wurde die Kompatibilität mit dem marktbeherrschenden Office-Paket des Erzrivalen Microsoft, wobei vornehmlich auf den möglichst getreuen Im- und Export von dessen Dateiformaten Wert gelegt wurde.

   Ganz dem Trend zu Teamfunktionen folgt der Kalender, der nun auch die Termine von ganzen Arbeitsgruppen verwalten kann.  
   Ganz dem Trend zu Teamfunktionen folgt der Kalender, der nun auch die Termine von ganzen Arbeitsgruppen verwalten kann.  

Anwendungsspezifische Neuerungen

Die anwendungsspezifischen Verbesserungen betreffen häufig die Bedienerführung, beispielsweise durch Hinzufügen von Komfortfunktionen. So führte Corel für die Textverarbeitung so genannte Variablen ein. Es handelt sich dabei um Textbausteine, deren Inhalt zentral geändert werden kann. Dies wirkt sich dann auf alle Vorkommnisse dieser Textkomponenten aus.

Den größten Nachholbedarf gegenüber Microsofts Konkurrenzprodukt wies der Personal Information Manager (PIM) "Corel Central" auf. Dieser Adress- und Terminverwaltung mangelte es bis dato an E-Mail-Funktionen. Sie halten mit der aktuellen Version Einzug, wobei diese auch mehrere E-Mail-Konten pro User verwalten kann. Die kommunikativen Fähigkeiten dieses Programms verbesserte das kanadische Softwarehaus zudem durch die Synchronsierungsmöglichkeit von Kalender, Adressbuch und Aufgaben mit dem "Palm Pilot". Dem Trend zu Teamfunktionen in Office-Pakten trägt Corel mit der Einführung eines Gruppenkalenders Rechnung.

Neuerungen in den Anwendungen von Wordperfect Office betreffen ansonsten vor allem die Möglichkeit, damit erstellte Dokumente im Web zu publizieren oder per E-Mail zu verschicken - im Fall der elektronischen Post kann Corel kaum davon ausgehen, dass Empfänger in der Lage sind, Wordperfect-Dateien zu öffnen. Aufgrund seiner geringen Marktmacht versucht aber der kanadische Hersteller im Unterschied zu Microsoft erst gar nicht, im Internet proprietäre Technik durchzusetzen, und verzichtet auf Erfindungen wie die fragwürdigen "Smart Tags" in Office XP oder das mit "Office 2000" eingeführte Dateiformat, welches diverse Internet-Standards vermengt. Stattdessen bot schon Wordperfect 9.0 die Möglichkeit, Dokumente in Adobes Portable Document Format (PDF) zu speichern. Diese Funktion wurde nun um die Unterstützung für Hyperlinks und Wasserzeichen erweitert. Der HTML-Export nutzt zur Speicherung von Formatierierungsdaten jetzt Cascading Style Sheets (CSS).

Corel baut auch bei "Presentations" auf die Verwendung von offenen und De-facto-Standards. Zum einem lassen sich für multimediale Inhalte die im Internet gängigen MP3-, WMA-Audio- und animierten GIF-Dateien in Präsentationen einfügen. Zum anderen können Anwender von Corels Präsentationssoftware ihre Vorführungen in Macromedias "Flash"-Format exportieren, so dass sie mit allen gängigen Browsern zusammen mit dem kostenlos erhältlichen Plug-in abgespielt werden können.

Wohl aufgrund des relativ geringen Marktanteils außerhalb der USA verzichtet Corel auf die Übersetzung der Software und vertreibt weltweit nur die englische Ausführung, allerdings inklusive der Rechtschreib- und Trennhilfe für 25 Sprachen. Gewöhnungsbedürftig sind lediglich die englischsprachigen Dialoge und Menüs, wobei sich Letztere beliebig mit eigenen und damit auch deutschen Befehlen bestücken lassen.

Ausstattung und Preise

Wordperfect Office 2002 kann in den Versionen "Standard" und "Professional" erworben werden. Erstere enthält die Textverarbeitung Wordperfect, die Tabellenkalkulation "Quattro Pro", "Presentations", "Corel Central", Adobes "Acrobat Reader", den Font-Manager "Bitstream Font Navigator" den Dateibetrachter "Quickview Plus 5.11" sowie ein Programm zur Internet-Telefonie namens "Net2Phone". Bei der Professional-Ausführung kommen die Datenbank "Paradox" und die Spracherkennungssoftware "Dragon Naturally Speaking" hinzu. Letztere feiert nun ihre Wiederkehr, nachdem sie bereits Bestandteil von Wordperfect Office 8 war und in der letzten Version durch "Philips Freespeech 2000" ersetzt wurde.

Die Standard Edition kostet 489 Euro, die größere Variante beläuft sich auf 599 Euro. Die Preise für das Upgrade von der Vorversion liegen bei 199 Euro für die Standardversion und bei 319 Euro für die Professional Edition.