Analysten bezweifeln finanzielle Kehrtwende

Corel verkauft Graphiccorp und Bilddatenbank

28.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Mit dem Verkauf ihrer Graphiccorp-Abteilung versucht die kanadische Softwareschmiede Corel Geld in die leeren Kassen zu spülen.

Corel kommt nicht aus den Schlagzeilen: Seit Quartalen schreibt das selbst ernannte "Linux-Powerhaus" rote Zahlen, zum Jahreswechsel verabschiedete sich fast die ganze Führungsmannschaft, und im Mai ist die geplante Verschmelzung mit Inprise/Borland gescheitert, die dringend benötigtes Kapital in die leeren Kassen des in Ottawa ansässigen Unternehmens gebracht hätte.

Seitdem ist CEO Michael Cowpland auf verzweifelter Suche nach Bargeld. Die Entlassung von 320 Mitarbeitern - einem Fünftel der Belegschaft - spart im Jahr etwa elf Millionen Dollar. Darüber hinaus will man bis Ende 2000 weitere 29 Millionen weniger ausgeben. Geld brachte Anfang Juni die kanadische Investmentfirma Canaccord Capital in das angeschlagene Unternehmen, die für zehn Millionen Dollar Aktien direkt von Corel erwarb und später zudem eine Option auf eine zweite Tranche in gleicher Höhe erhielt und bereits ausübte.

Nach erneuten Verlusten im zweiten Quartal 2000 in Höhe von über 23 Millionen Dollar und weiter sinkenden Bargeldreserven trennt sich Corel nun von seiner Graphiccorp-Abteilung inklusive der digitalen Bilddatenbank mit einem Fundus von rund 1,5 Millionen Bildern. Als Käufer tritt die ebenfalls kanadische Hemera Technologies Inc. auf, die selbst über eine digitale Bildbibliothek verfügt.

Weiterhin Skepsis angesagtAnalysten bezweifeln jedoch, dass sich die Finanzprobleme von Corel dadurch lösen lassen. Die Vereinbarung sieht vor, dass Corel einen 23-prozentigen Anteil an Hemera erhält. Allerdings ist nicht bekannt, wie wertvoll die in Privatbesitz befindliche Company aus Quebec wirklich ist. Hemeras Chef David Hood beziffert den gegenwärtigen Marktwert seines Unternehmens auf etwa 67 Millionen Dollar.