Galliumarsenid-Supercomputer soll die Konkurrenz das Fürchten lehren

Convex fordert mit seiner neuen C3-Serie Cray heraus

17.05.1991

RICHARDSON/DALLAS (gs) - Minisuper-Hersteller Convex wagt sich zum ersten Mal weit in das Revier von Supercomputer-Marktführer Cray Research, Mit den drei am 7. Mai 1991 vorgestellten. Rechnerfamilien der C3-Serie hoffen die Texaner nicht nur, ihre Altkunden bei der Stange halten, sondern gleichzeitig am oberen und am unteren Ende des Leistungsspektrums neue Märkte erobern zu können.

Die unbestrittenen Stars unter den neuen Convex-Computern sind die High-end-Modelle der C3800-Familie - nicht nur, weil sie mit einer Vektorleistung von 480 bis 1920 Mflops (bei 32-Bit-Operationen) und einem maximalen Speicherausbau von 4 GB die leistungsfähigsten und mit Preisen zwischen zwei und acht Millionen Dollar die teuersten der vorgestellten Rechner sind, sondern vor allem, weil sie einen technischen Durchbruch markieren: Erstmals werden hier in großem Umfang Chips aus dem "Wundermaterial" Galliumarsenid (GaAs) eingesetzt.

GaAs-Chips benötigen wesentlich weniger Strom als herkömmliche Silizium-ICs, ertragen höhere Temperaturen und ermöglichen eine theoretisch bis zu fünfmal höhere Schaltgeschwindigkeit. Ihr kommerzieller Einsatz war bislang jedoch immer an der äußerst komplizierten Herstellung und Verarbeitung gescheitert.

Dieses Problem scheint jetzt die kalifornische Chip-Schmiede Vitesse Semiconductor in den Griff bekommen zu haben. Eine Zusammenarbeit mit Convex ergab sich dabei fast automatisch: Convex-Chef und -Mitgründer Robert J. Palück sitzt nebenbei auch im Aufsichtsrat von Vitesse.

Nachdem erste Versuche mit GaAs-Speichern in ihren C2-Rechnern erfolgreich verlaufen waren, wagte Convex schließlich den Einstieg in das vielversprechende neue Material. Insgesamt wurden für die C3-Serie -30 verschiedene GaAs-ICs entwickelt und von Vitesse produziert.

Das neue Material erlaubt es Convex, aus der Marktnische der Mini-Supercomputer, in der man seit 1985 erfolgreich operiert, in die Klasse der echten Schwergewichte vorzustoßen, ohne ihre Rechner mit aufwendigen Kühlsystemen ausstatten zu müssen. Auch die C3800 kommt bei einer Zykluszeit von 16,67 Nanosekunden und einem maximalen Stromverbrauch von 57 Kilowatt mit einer simplen Ventilatorenkühlung aus.

Beflügelt vom technischen Vorsprung - immerhin hätte sich Marktführer Cray beim Versuch, einen reinen GaAs-Supercomputer zu bauen, beinahe ruiniert - strotzt man bei Convex vor Selbstvertrauen. Convex-Mitgründer -Chefentwickler und -Guru Steve Wallach auf die Frage, ob seine Firma es wirklich mit Cray aufnehmen könne: "Das können Sie glauben!"

Einer, der das schon von Amts wegen nicht glauben darf, ist Cray-Chef John Rollwagen. Weit mehr Sorgen als der texanische Emporkömmling, verkündete er der New York Times, machen ihm künftige "Killer-Mikros". Er sieht den Supercomputer der Zukunft als Rechenserver in einem Netz von Workstations - und bei dieser Konstellation, so Rollwagen, "kann Convex leicht in der Mitte zerquetscht werden".

Zweifel meldet auch IDC-Analystin Debra Goldfarb an. Für sie ist die C3400 das Problem. Anders als die Spitzen- und die Einstiegsmodelle, die ihrer Meinung nach durchaus die Marktchancen des Herstellers verbessern, bietet die Convex-Mittelklasse in ihren Augen zu wenig, um die vorhandenen Kunden bei der Stange zu halten, und zu wenig, um die Führungsposition bei den Minisupercomputern zu verteidigen.

Sie glaubt, daß Convex zumindest in der nächsten Zeit verwundbar ist, und zwar gerade dort, wo die Firma bisher am stärksten war.

Sie erwartet deshalb, daß die C3400 noch im Laufe der nächsten 18 Monate schnellere CPUs erhalten wird.

Die C3400, mit insgesamt acht Modellen bereits heute die größte C3-Familie, ist laut Convex eine RISC-Implementierung der C3800-Architektur. Auch sonst ist sie ein Zwitter: Für die Logikschaltungen kommen hochintegrierte BiCMOS-Chips zum Einsatz, für die Fließkomma-Arithmetik die neuen GaAs-Bausteine.

Zu Preisen zwischen einer und vier Millionen. Mark bietet sie - mit maximal acht statt bislang vier Prozessoren - eine etwa doppelt so hohe Spitzenleistung wie die alte C2-Serie (die vom Convex angegebene vierfache Leistung gilt nur für 32-Bit-Operationen).

Die vier C3200-Modelle schließlich sollen mit traditioneller Technik, einem Leistungsspektrum, das in etwa dem der Vorgängerserie C2 entspricht, und einem Einstiegspreis von 600 000 Mark ein doppelt so gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten wie die C2.

Sämtliche Modelle der C3-Serie sind laut Convex untereinander und auch mit der alten C2-Serie binär-kompatibel, so daß die vorhandene Software unverändert weiterverwendet werden kann.

Mit besonderer Genugtuung weist Helmut Mühl-Kühner, Geschäftsführer der deutschen Convex GmbH in Frankfurt, auf das große Angebot von 1100 Programmpaketen für seine Rechner hin: So zahlt sich die frühzeitige Unix-Orientierung von Convex schon bei der Unternehmensgründung 1982 für den Kunden und für uns als Hersteller aus."