ETA Systems wird gecancelt, Cyber-Abteilung abgepackt:

Control Data macht auch Jumbo-Division dicht

21.04.1989

FRANKFURT/MINNEAPOLIS (ujf) - Wenige Wochen nach dem Verkauf der Control-Data-Institute bläst CDC-Chef Larry Perlman zum zweiten Kahlschlag im eigenen Forst: Die Supercomputer-Abteilung ETA Systems wird geschlossen, weil ihr wirtschaftlicher Erfolg weit hinter dem technischen zurückblieb. Control Data konzentriert sich jetzt auf die Imprimis-Speichertechnik und das Behördengeschäft.

Die schmerzliche Botschaft aus Minneapolis kam Montag nach Büroschluß, schön verpackt in wohlfeile Worte für die Aktionäre: CDC will in einer Gewaltkur gesundschrumpfen. Im Rahmen einer Umstrukturierung, die fast eine halbe Milliarde Dollar kosten wird, gibt der BUNCH-Surviver 3100 Mitarbeitern die Papiere und wirft im CPUGeschäft Ballast ab. Ausgerechnet die Supercomputer-Division ETA Systems, erst vor drei Jahren mit viel Optimismus als Cray-Konkurrenz auf die Beine gestellt, muß komplett dran glauben. Nach 100 Millionen Dollar Betriebsverlust allein im abgelaufenen Jahr muß CDC heuer weitere 350 Millionen Dollar abschreiben, weil dieser Geschäftsbereich eingestellt wird.

Mit den anderen Maßnahmen summiert sich der Aufwand für das "Streamlining" auf 490 Millionen Dollar. In den Kosten sind allerdings, so Klaus Oelmann, Geschäftsbereichsleiter Computer Systems bei der Control Data GmbH in Frankfurt, bereits erhöhte Aufwendungen für die künftige Betreuung der ETA-Anwender enthalten - was nichts daran ändert, daß diese Kunden ein "totes" Produkt gekauft haben, das zwar noch gewartet, aber nicht mehr weiterentwickelt wird.

Wie das "Streamlining" im Bereich der Cyber-Rechner aussehen wird, ist derzeit noch nicht exakt absehbar. Laut Oelmann wird diese für die Stammkunden in Forschung und Lehre wichtige Produktlinie auf jeden Fall beibehalten; es bleibe auch bei dem Vorhaben, diese Geräte außer mit dem "Proprietary"-Betriebssystem NOS/VE künftig mit

Unix anzubieten. Nach Mitteilung aus der Konzernzentrale in Minneapolis wird sich CDC auf die Bedürfnisse der bestehenden Kundenbasis konzentrieren und vor allem das (berechenbarere) Geschäft mit staatlichen Auftraggebern forcieren. Auf der Positivseite sieht das Unternehmen auch die vom jetzigen Chief Operating Officer Lawrence Perlman bereits sanierte Tochtergesellschaft Imprimis, in der das Datenspeichergeschäft zusammengefaßt ist, sowie als vertikalen Markt das CAD/ CAM-Geschäft.

Control-Data-Chairman Robert M. Price kommentierte die von seinem Feuerwehrmann Perlman eingeleitete Radikalkur mit einem Statement, das Branchenbeobachter nicht überraschen konnte: "Wir bauen eine neue Control Data, die auf dem Konzept des Computereinsatzes als Mittel zur Lösung wichtiger, komplexen Probleme gründet." Daß dieser Umbau zum Systemhaus Oberhaupt möglich wird, verdankt CDC den Banken, die nochmals eine entsprechende Kreditlinie bewilligt haben. Bereits 1986 hatte der DV-Konzern immense Bankverpflichtungen eingehen müssen, um sich von dem Branchen-Rekorddefizit des Geschäftsjahres 1985 zu erholen. Damals hatte der bilanzierte Verlust 567,5 Millionen Dollar betragen.

Europachef John Curran gewinnt der aus kaufmännischen Gründen notwendig gewordenen Totaloperation auch positive Seiten ab. Mit einem Schuß Galgenhumor meinte der Brite, die Nachricht aus dem Hauptquartier zeige, "daß wir in dem schwierigen Computergeschäft heutzutage den Mitbewerbern etwas voraus haben in puncto Reorganisation".