Monopolvorwürfe im Mainframe-Umfeld werden lauter

Compuware und CA klagen gegen IBM

29.03.2002
MÜNCHEN (ba/wh) - Nach Compuware hat nun auch Computer Associates (CA) Klage gegen IBM eingereicht. Die Softwarehersteller fürchten Monopolmissbrauch. Außerdem verwende IBM unrechtmäßig Produkte der beiden Wettbewerber und verletze das Urheberrecht.

IBM habe nicht das Recht, das Sicherheitspaket "E-Trust Access Control" von CA ohne Genehmigung an Dritte weiterzuverkaufen, erklärt eine Unternehmenssprecherin von CA in Deutschland. Ferner gebe es keine Erlaubnis von Seiten des unabhängigen Softwareherstellers, das Produkt im Rahmen eines Wartungsvertrages zu vermarkten, wie dies IBM praktiziere. Neben dem Vertriebskonflikt werfen die CA-Verantwortlichen IBM vor, Urheberrechte im Bereich Sicherheitssoftware zu verletzen. So habe Big Blue Teile des Sourcecodes widerrechtlich in System-Management-Produkten seiner Softwaretochter Tivoli verwendet.

Erst vor wenigen Wochen hatte auch Compuware eine Klage am Bezirksgericht Michigan gegen Big Blue eingereicht. Der Softwareanbieter beschuldigt IBM, Sourcecode der Testwerkzeuge "File Manager 2.0" und "Fault Analyzer" widerrechtlich in eigenen Produkten zu benutzen. Außerdem bediene sich der IT-Konzern unfairer Geschäftspratiken: Wo IBM Mainframe-Tools der Konkurrenz vermarkte, würden diese neuerdings häufig an IBM-eigene Software gekoppelt.

Ferner habe IBM seine marktbeherrschende Position missbraucht, indem Dienstleistungskunden nur auf die eigenen Angebote aufmerksam gemacht worden seien. Compuware-Kunden sei von Seiten des IBM-Vertriebs geraten worden, künftig nurmehr Software von Big Blue zu verwenden. Darüber hinaus sei der Informationsfluss von Seiten der IBM drastisch eingeschränkt worden. Hatte der Mainframe-Hersteller früher die unabhängigen Softwarehersteller mit Pre-Releases und Daten versorgt, um sicherzustellen, dass deren Software mit den IBM-Produkten reibungslos zusammenarbeitet, funktioniere dies nicht mehr, seitdem IBM diesen Markt selbst beliefert.

IBM kämpft im Tool-Geschäft mit harten BandagenIBM versucht seit etwa eineinhalb Jahren, den Tool-Markt im Mainframe-Umfeld zu bedienen, berichtet Pressesprecher Hans-Jürgen Rehm. Anlass für diese Strategie sei die wachsende Unzufriedenheit der Anwender mit den Pricing-Modellen der unabhängigen Softwareanbieter gewesen. Doch der Versuch, den Mainframe-Kunden mit eigenen günstigen Tools unter die Arme zu greifen, ging gründlich daneben, berichtet ein Mitglied der Anwendervereinigung Guide Share Europe (GSE), das nicht genannt werden möchte. Ein Umstieg sei in diesem Umfeld nur schwer zu bewerkstelligen. Kaum ein Mainframer werde beispielsweise seine Entwicklungsumgebung über Bord werfen. Umschulungen und Neuentwicklungen kosteten Millionen. Auch IBM-Sprecher Rehm räumt ein, dass ein Wechsel keineswegs trivial sei. Die Klagen gegen IBM will der Sprecher nicht kommentieren. Man nehme grundsätzlich keine Stellung zu laufenden Verfahren.

Laut Berichten von Anwendern gibt es starke funktionale Unterschiede zwischen den Produkten der verschiedenen Anbieter. So könnten die IBM-Tools meist nicht mit den Werkzeugen der Wettbewerber mithalten. Diese Probleme könnten nach Einschätzung von Insidern der Anlass für die harte Gangart der Armonker sein. "IBM hat unter Entwendung von Compuwares Quellcode versucht, in den Markt für Mainframe-Software-Tools einzusteigen. Sie haben sogar unser Benutzerhandbuch kopiert", schimpft Compuware-President Joseph Nathan. Big Blue wolle seine Monopolmacht in den Bereichen Mainframe und Betriebssystem dazu ausnutzen, sich auch im Tool-Umfeld ein neues Monopol zu verschaffen. Dies sei eindeutig ein Verstoß gegen das US-Kartellgesetz. Man rechne damit, dass das Verfahren mindestens ein Jahr dauert.

Ein Mitarbeiter eines anderen IBM-Wettbewerbers in diesem Markt bestätigt diese Taktik. In dem monopolistischen Markt hätten die Anwender kaum eine Alternative. "IBM ist wieder arroganter geworden."